Lula da Silva: Auf Missionsreise für den Agrosprit

Von Mexiko bis Jamaika wirbt der brasilianische Präsident Lula da Silva für die Ethanolproduktion.

Predigt die Heilsbotschaft des Agrosprits: Brasiliens Präsident Lula da Silva. Bild: dpa

PORTO ALEGRE taz Bei der Rettung der Welt führt kein Weg am Agrosprit vorbei. Davon ist Luiz Inácio Lula da Silva überzeugt: "Wir bieten der entwickelten Welt die Chance, Reparationen zu leisten für die Menge Schmutz, die sie bereits in die Atmosphäre geblasen hat", sagte Brasiliens Präsident im jamaikanischen Kingston. "Wer muss die Biokraftstoffe kaufen? Sie, die größten Verschmutzer des Planeten."

Jamaika war mit Blick auf Lulas neues Herzensanliegen der Höhepunkt seiner fünftägigen Mittelamerikareise. Dort weihte er am Donnerstag eine Fabrik ein, die mit EU-Mitteln und brasilianischem Know-how errichtet worden war. Bis zu 700.000 Liter brasilianisches Ethanol täglich werden in der neuen Anlage verarbeitet. Das Konzentrat für die Benzinbeimischung exportieren die Jamaikaner anschließend zollfrei in die USA.

Es ist bereits die dritte Alkoholfabrik auf der Karibikinsel. Lulas Vision ist in diesem Fall Wirklichkeit geworden: Agrokraftstoffe seien demnach nicht nur umweltfreundlich, sondern sie dienten auch der Armutsbekämpfung, predigte er diese Woche von Mexiko bis Panama. 120 Länder könnten mittelfristig die Industrieländer mit Agrosprit beliefern. Besonders den armen Ländern Afrikas eröffneten sich ganz neue Entwicklungsmöglichkeiten, schwärmte er in Nicaragua: "Jeder Analphabet kann ein 30 Zentimeter tiefes Loch graben und eine Pflanze heranziehen, die ihm das Öl liefert, das er braucht."

Natürlich müsse jedes Land von seiner eigenen Wirklichkeit ausgehen, fügte er einschränkend hinzu. Zuvor nämlich hatte sein Gastgeber Daniel Ortega betont, dass der unüberlegte Anbau von Agrosprit auf Kosten der Ernährungssicherheit gehen könnte: "Es geht nicht an, dass Nicaragua Ethanol aus Mais herstellt", sagte Ortega, "das wäre ein Anschlag auf ein grundlegendes Nahrungsmittel unseres Volkes".

In Brasilien habe die "Ethanolindustrie" bereits 6 Millionen direkte und indirekte Arbeitsplätze geschaffen, behauptete Lula. Doch im Lande des Marktführers, wo die Produktion von Ethanol aus Zuckerrohr 2006 gut 17 Milliarden Liter betragen hatte, ist die Euphorie der letzten Monate schon wieder verflogen. Da der Weltmarktpreis für Zucker innerhalb eines Jahres um 32 Prozent eingebrochen ist, zogen vor allem branchenfremde Investoren viele ihrer Projekte wieder zurück. Damit sinken die Prognosen über künftige Produktionsmengen. 2012 sollen 750 Millionen Tonnen Zucker geerntet werden. Das wäre aber immer noch ein drastischer Anstieg im Vergleich zu 2006, als 470 Millionen Tonnen geerntet wurden. Neue Anbauflächen in Amazonien und in der Nähe des Feuchtgebiets Pantanal werden aber nicht mehr genehmigt. Damit reagierte die Regierung auf Kritiker, die den Zuckerrohranbau als Bedrohung für den Regenwald sehen.

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