Motor FM: Und nun News von gestern

Motor FM verabscheut den Konsens, ist angenehm klapprig - und manchmal doch auch seicht.

Holprig, ohne schlecht zu sein - die Motor FM-Betreiber Kühn, Rübsam und Renner. Bild: dpa

Morgens um kurz nach neun bläst einem die Jon Spencer Blues Explosion erst mal die Nachtmütze vom Kopf, danach dreschen Prodigy, PJ Harvey und der Black Rebel Motorcycle Club auf die Bassdrum: Bei Motor FM, dem zum Berliner Label gleichen Namens gehörende Radiosender, gibts kein freundliches Gedudel, keine Rücksicht auf empfindliche Ohren oder unchristliche Zeiten. Hier gibts nur Gitarren mit Distortion-Hebel, hin und wieder Keyboards.

Seit einem Jahr betreiben Tim Renner, Mona Rübsamen und Markus Kühn auf der Berliner UKW-Frequenz 100,6 mHz - im Internet unter www.motorfm.de empfangbar - einen Radiosender, der den Mainstream verabscheuen und statt dessen lieber das spielen soll, was früher Independent hieß (und es heute nicht mehr wirklich ist). Relativ form- und formatlos wird die meiste Zeit also konsequent ein Stück nach dem anderen eingelegt, aufgelockert von wenigen Moderatoreninfos, und in Rotations, die so heavy sind, dass man die Stücke schon nach wenigen Stunden kennt.

Richtige Sendungen sind auf Motor FM rar, vielleicht bekommt man darum unwillkürlich großen Respekt vor der trotzigen Ausdauer, mit der ModeratorInnen wie Silke Super oder Winson stunden-, gefühlt tagelang die Ätherzeit füllen und dabei weder in Jugendradiomanier die HörerInnen anbrüllen noch die Lust am Hobby Musik zu verlieren scheinen.

Und die häufigen Löcher durch nicht startende Jingles oder CDs lassen den Gesamteindruck doch angenehm klapprig werden. Recht willkürlich zusammengesuchte, redaktionell anscheinend kaum betreute Nachrichten gibt es seit einer Weile auch, allerdings muss man aufpassen, dass nicht die von gestern laufen.

Die redaktionelle Schwäche bei allem, was nicht Musik heißt, zieht sich durch den Rest des Programms: In der Filmkritik wird schon mal ein Regisseur zur Frau. Glücklicherweise verzichtet der Sender auf das, was die größeren, im weitesten Sinne jugendaffinen Programme zur Hörerbindung anstellen - auf Motor FM dürfen kaum nervige, juvenile BrandenburgerInnen und BerlinerInnen vom koppelnden Handy aus ihre unmaßgebliche Meinung in die Welt schreien, also in die Welt der 16.000, die die Welle laut des ersten Medienanalysenauftritts von Motor FM angeblich empfangen.

Trotzdem wird auch das nicht (oder nur wenig) mainstreamige Gitarrengepresche schon nach ein paar Tagen des Zuhörens dummerweise zu genau dem, was es nicht sein möchte: zum seichten Indie-Hintergrund. Und man würde sich über ein paar mehr klare Formate, andere, gern musikbezogene Themen und unterschiedlichere Musikfarben zu unterschiedlichen Zeiten freuen. Aber: Kann ja noch werden.

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