Jugendschutz und Alkohol: Dämpfer für von der Leyen

Familienministerin kann sich mit Plänen für Alkohol-Testkäufe von Jugendlichen nicht durchsetzen.

Von der Kanzlerin öffentlich ausgebremst: Ursula von der Leyen. Bild: ap

BERLIN taz Eigentlich hätte diese Meldung trefflich zu dem neuen Jugendschutzgesetz gepasst, das Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch ins Kabinett einbringen wollte: Ein 14-jähriges Mädchen aus Berlin-Pankow wurde in der Nacht zum Montag mit Verdacht auf Alkoholvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert.

Wie die Polizei mitteilte, hatten Jugendliche das Mädchen auf einem Spielplatz gefunden. Nach ersten Erkenntnissen soll die 14-Jährige eine halbe Flasche Weinbrand getrunken haben. Wie das Mädchen an den Alkohol kam, war zunächst noch unklar.

Klar ist dagegen eines: Die Ministerin kann auf diesen und ähnliche Fälle nun doch nicht, wie von ihr geplant, mit einer schnellen Gesetzesänderung reagieren. Ihren Vorstoß zum verstärkten Einsatz von jugendlichen Testkäufern, die illegal handelnde Ladenbesitzer überführen sollen, musste die CDU-Politikerin zurückziehen. Von der Leyens Vorhaben, eine in manchen Bundesländern bereits gängige Praxis ausdrücklich bundesweit zu legalisieren, verschwindet wieder in der Schublade. So wird es vorerst kein Gesetz geben, das den Ordnungsämtern erlaubt, Minderjährige loszuschicken, um auszuprobieren, wo sie Schnaps oder auch Gewaltvideos bekommen können. "Ministerin von der Leyen wird das so nicht durchpeitschen", sagte ihre Sprecherin. Wie auch?

Nach Protesten des Kinderschutzbundes und zahlreicher Politiker war die Ministerin von ihrer Chefin Angela Merkel öffentlich gebremst worden: "Die Kanzlerin sieht bei diesen Plänen Gesprächsbedarf", teilte Merkels Sprecher am Sonntag mit. Peinlich für von der Leyen: Sie hatte die Pläne kurz vorher noch vehement verteidigt. Erst am Sonntagabend lenkte die Ministerin ein und erklärte, "dass uns eine Atempause hilft, über wirksame Schritte im Jugendschutz zu diskutieren". Statt auf dem Kabinettstisch landet das Thema nun auf einem "Runden Tisch" mit Vertretern aus Politik und Verbänden, der im November tagen soll - ergebnisoffen.

Vizeregierungssprecher Thomas Steg bemühte sich am Montag, die Gemeinsamkeiten zwischen Kanzlerin und Ministerin zu betonen. Experten und Wissenschaftler seien "in der Tendenz einhellig der Meinung", dass von der Leyens Plan ein "vernünftiger Weg" sein könnte, sagte er. Die intensive Diskussion habe jedoch gezeigt, dass "noch Überzeugungsarbeit geleistet werden muss".

Politisch bekommt von der Leyen die gewünschte Atempause nicht. Grünen-Chefin Claudia Roth warf von der Leyen vor, den Staat zu einer "Überwachungsmaschinerie" ausbauen zu wollen. Die FDP sprach von "blindem Aktionismus" der Ministerin. Das Projekt Testkäufe habe "nicht den Hauch einer Chance", sagte der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz.

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