Google und Facebook tauschen Daten: Freunde zum Mitnehmen

Wer sich bei den großen sozialen Netzwerken anmeldet, kann die eigenen Daten und das Freundesnetz nicht zum nächsten Anbieter mitnehmen. Google und Facebook wollen das jetzt ändern.

Eine von vielen Beschäftigungen im sozialen Netzwerk Facebook Bild: screenshot facebook

Zwei erbitterte Konkurrenten auf dem Markt der "Social Networks", Google Orkut und Facebook, haben am Dienstag angekündigt, sich künftig untereinander stärker öffnen zu wollen und den Nutzern gleichzeitig mehr Wahlfreiheit zu lassen. Dazu entsenden beide Vertreter in die neue "DataPortability.org"-Arbeitsgruppe, die entsprechende Standards zum Datenaustausch entwerfen soll. Es ist das erste Mal, dass die scharfen Wettbewerber auf dem wachsenden Markt der sozialen Netzwerk sich derart annähern; bereits Teil der Gruppe ist MySpace.

Die Reaktionen auf die Ankündigung waren in Expertenkreisen überschwänglich. Auf dem Branchenblog "ReadWriteWeb" wurden die großen "Social Networking"-Mitspieler über den grünen Klee gelobt, ihr sonst so hartes Konkurrenzverhältnis für die Initiative endlich einmal beiseite geschoben zu haben: "Wenn da zusammengearbeitet wird, könnte etwas Magisches entstehen." Bei "TechCrunch" hieß es schließlich, dieser Tag werde "im Gedächtnis bleiben". Facebook habe sich mit dem Schritt fundamental zu verändern begonnen und werde seine alte Abgeschlossenheit wohl aufgegeben.

Die Idee hinter "DataPortability" klingt dabei eigentlich einfach: Die Nutzer der teilnehmenden Netzwerke sollen ihre Online-Freunde und die von ihnen hinterlegte Fotos, Videos und anderen Medien über alle Anwendungen, Miniprogramme (Widgets) und derzeit noch im Inselbetrieb existierenden Angebote hinweg stets erreichen können. Dazu müssen vorher neue Schnittstellen zum Informationsaustausch geschaffen werden - ein frischer digitaler "Kitt" zwischen den Netzwerken, der bislang kaum besteht. Dazu sollen vorhandene Protokolle, die jetzt schon offen geregelt sind, eingesetzt werden. Neben Techniken zur Nachrichtenübermittelung wie RSS gehört da etwa auch der Authentifizierungsstandard "OpenID" dazu, der den Nutzern seit Jahren verspricht, nur noch mit einer Anmeldung in alle Netze und Dienste zu gelangen, bislang aber noch keine massenhafte Verbreitung gefunden hat.

Wie schwer es die Nutzer mit der Datenmobilität derzeit noch haben, demonstrierte vor wenigen Tagen der prominente High-Tech-Blogger Robert Scoble ("Scobleizer"), als er mit einer neuen Software seine Kontakte aus Facebook zum Konkurrenten Plaxo umziehen wollte. Das verwendete Mini-Programm war dabei so aktiv, dass es der bei Facebook eingebauten Sicherheitssoftware auffiel und die Plattform Scoble kurzerhand den Zugang zu dem populären sozialen Netz versperrte. Erst nach lautem Online-Protest wurde der Blogger wieder zugelassen. (Die näheren Umstände des Vorgangs sind allerdings nach wie vor umstritten - auch hat Scoble im Gegensatz zu den meisten Nutzern wesentlich mehr "Freunde", was das System enorm belastet haben könnte.)

Es ist unklar, wann Technologien wie "DataPortability" tatsächlich greifen. Genaue Zeitpläne scheinen zu fehlen, was zunächst zählte, war das "Commitment". Noch handelt es sich bei dem Projekt nur um eine Arbeitsgruppe, die sich "offenen Standards und offenem Zugriff" verschrieben hat - doch die entsprechende Kompatibilität und praktische Umsetzung muss in langen Meetings erst festgelegt werden, zumal sich die technischen Ansätze teils fundamental unterscheiden. Auch frühere Projekte, die die sozialen Netzwerke öffnen und auf eine gemeinsame Plattformen stellen wollen, wie etwa Googles "OpenSocial"-Initiative, sind bislang kaum über Ankündigungen hinausgekommen.

"Vaporware" nennt das dann der Fachmann - nichts als heiße Luft. Den großen Mitspielern im Markt der sozialen Netzwerke kann das eigentlich nur recht sein, schließlich ist ihr großer Nutzer- und Datenschatz einer der Hauptgründe ihres anhaltenden Wachstums. Da werden Projekte wie "DataPortability" schnell zum Lippenbekenntnis, während sich der User weiterhin schlicht eingesperrt fühlt. Die Problematik ist auch in Deutschland gegeben: Hier profitieren vor allem "StudiVZ", "SchülerVZ" und "Xing" von Netzwerkeffekten, die einem Nutzerabschluss gleichkommen. Bei "Xing" ist man immerhin seit kurzem an "OpenSocial" beteiligt.

Nicht geklärt ist bis dato der Aspekt des Datenschutzes. Die Mitnahme von Freundesdaten kann zwar in den USA der aktuellen Gesetzeslage entsprechen, in europäischen Ländern sieht dies jedoch möglicherweise völlig anders aus. "Ich habe bislang noch keine überzeugende Beschreibung gelesen, wie das funktionieren soll", schreibt der "ZDNet"-Experte Dennis Howlett in seinem Blog. Die Arbeitsgruppe "DataPortability.org" selbst hat sich zu dem Thema noch nicht geäußert. Klar ist nur, dass die in die sozialen Netzwerke eingegebenen Daten für die Betreiber enorm wertvoll sind: Sie dienen ihnen dazu, teure personalisierte Werbung zu verkaufen, die so manchen Nutzer verschreckt.

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