Politischer Aschermittwoch der CSU: Schweiß und Bier statt Stoiber

Die neuen CSU-Chefs Huber und Beckstein probten bei ihrem ersten Aschermittwoch Stimmungsmache - und warnten vor "blutroten" Linken und Ausländern.

Zwei Männer, zwei Maß. Bild: dpa

PASSAU taz Ein paar Momente glaubt man, es sei alles wie früher. Wie damals, als Edmund Stoiber noch CSU-Chef war und bayerischer Ministerpräsident. Mit Defiliermarsch und rhythmischem Klatschen wird er in der Passauer Dreiländerhalle empfangen. Seine Leibwächter wollen ihn eigentlich durch den Seiteneingang leiten. "Ich will mittendurch", sagt Stoiber und badet in der Menge der 6.000 Aschermittwochsgäste. Schüttelt Hände, blickt glücklich umher.

Auch die übrigen Parteien begingen den politischen Aschermittwoch - und geizten nicht mit brachialer Rhetorik.

"Ich habe schon viele hartnäckige Verehrerinnen kennengelernt, aber keine, die so begriffsstutzig ist wie die alte Tante SPD." (FDP-Generalsekretär Dirk Niebel über das Werben der SPD um die FPD in Hessen)

Das ist eine Wünsch-dir-was-Partei." (Winfried Kretschmann, Grünen-Fraktionschef in Stuttgart, über die Linkspartei)

"Ich mache bei der Verharmlosung des Linksrucks in Deutschland nicht mit." (FDP-Chef Guido Westerwelle)

"Das ist nicht einmal ein Linksrückchen." (Linke-Fraktionschef Gregor Gysi über den Kurs der SPD)

"Alle meinen, uns hier nicht ernst nehmen zu müssen." (Gysi über das Ansehen seiner Partei)

"Die Mitte in Deutschland ist nicht dort, wo Ungerechtigkeit herrscht." (SPD-Chef Kurt Beck über den Kurs der Union)

"Wir werden uns von niemandem einreden lassen, dass dieser Begriff des demokratischen Sozialismus ein Schimpfwort ist." (Beck)

"Wir werden den Kampf um Gerechtigkeit nicht als Neidhammelei diskreditieren lassen." (Beck)

Minuten später ziehen die neuen CSU-Oberen ein. Die Kameras sind auf Erwin Huber und Günther Beckstein gerichtet, die sich den Weg zum Podium bahnen. Stoiber schert es nicht, er blickt kurz auf die Leinwand, kneift die Augen zusammen um seine beiden alten Widersacher auszumachen - und wendet sich schnell wieder ab. Auf der anderen Seite des Ehrenbereichs sitzt das Gros seiner alten Minister. Den Schulminister Sigi Schneider winkt er heran, beide beugen sie sich über den Laufsteg. Mit den Handkanten schlägt Stoiber auf die trennende Holzkonstruktion, redet auf Schneider ein und verabschiedet ihn mit einem Schulterklopfen. Wie früher.

Auch Willi Winkelmann aus dem niedersächsischen Peine ist zum "größten Stammtisch der Welt" gekommen. 26-mal war erschon beim Politischen Aschermittwoch, diesmal fehlen aber ein paar Kameraden der CDU-Ortsgruppe. "Wir müssen hinnehmen, dass da kein Strauß und kein Stoiber vorne steht", meint der weißbärtige Mann, in der Hand eine CDU-Fahne, um den Hals eine weiß-blaue Krawatte. "Ein bisschen mäßiger" seien die Neuen, also der Beckstein, der Huber und die neue CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer. Aber immerhin werde Stoiber ja oft eingeblendet.

Sechsmal nimmt Huber, der neue Parteichef, Bezug auf die Leistungen Stoibers, an die er und Beckstein anknüpfen könnten. Jedesmal schaltet die TV-Regie auf den alten Parteichef und Landesvater. Und am Ende verabschieden ihn die 6.000 mit Edmund-Rufen und Standing Ovations. So wie früher, als Stoiber noch alleiniger Chef war.

Eher mühsam suchen seine Nachfolger nach einem eigenen Profil. Huber verspricht ein Steuerkonzept mit einem Freibetrag von 8.000 Euro pro Kopf. Der neue Ministerpräsident Beckstein spricht von Bildung, tritt landesväterlich auf, er erbittet - von Deutschen und Ausländern - mehr Anstrengung bei der Integration. Und fordert dann doch in "Schwarzer Sheriff"-Manier, den in Deutschland aufgewachsenen, aber türkischstämmigen U-Bahn-Schläger auszuweisen: "Ein solcher Mensch gehört hinaus!" Und sonst? Stakkatohaft warnen Beckstein und Huber vor "den Linken". Die von Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit propagierte Öffnung der SPD in Richtung Linkspartei sei "Pfui Teufel", ruft Beckstein. Die CSU werde alles tun, damit es nie eine "eine blutrote Koalition" im Bund geben werde. "Wir werden uns mit Händen und Füßen dagegen wehren!"

Am Ende der Aschermittwochsreden des neuen Führungstandems will der CSU-Kenner und Politikprofessor Heinrich Oberreuther die Säulen "Wertkonservativismus, Ökonomie und Bildung" ausgemacht haben. Im Gespräch mit der taz bemerkte er aber vor allem eins: "Huber und Beckstein geben sich größte Mühe im Umgang mit Stoiber. Sie versuchen, sich sein Charisma zunutze zu machen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.