piwik no script img

Kommentar Regulierung der FinanzmärkteSchuldenmachen ist gewollt

Kommentar von Nicola Liebert

Aus den Plänen des US-Finanzministers, die Banken stärker zu regulieren, wird nichts. Denn um die Konjunktur nicht abzuwürgen, sollen alle so weiter machen wie bisher.

U S-Finanzminister Henry Paulson will auf den Finanzmärkten durchgreifen. Das Regulierungsgestrüpp, das seit dem Börsencrash von 1929 entstanden ist, soll durch ein kohärentes und strenges System ersetzt werden. Es wäre jedoch nicht der erste Reformversuch, der im Sande verläuft.

Denn die Abneigung gegen jegliche Regulierung der Finanzmärkte hat bisher der US-Wirtschaft durchaus genutzt. Dadurch konnten komplexe Finanzprodukte geschaffen werden, die wiederum eine schier unendliche Ausweitung von Krediten ermöglichten. Das führte zu einer gigantischen Immobilienblase und zu einem Konsumfeuerwerk, das die privaten Haushalte weitgehend mithilfe immer neuer Schulden auf ihre Häuser finanzierten. Auch die Hedgefonds und Private-Equity-Fonds lebten prima von der Kreditschwemme. Ihre massenhaften Firmenübernahmen auf Pump befeuerten die Börsen. Man lebte über seine Verhältnisse und man lebte gut damit.

Das hat sich mit Beginn der Kreditkrise vergangenen Sommer drastisch geändert. Der Boom auf Pump machte inzwischen einer Rezession Platz. Die US-Regierung und die Notenbank Fed reagierten panisch: Steuergeschenke, Geldspritzen und drastisch gesenkte Zinsen sollen wieder Geld in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Die Banken sollen so wieder Kredite zur Verfügung stellen und die Unternehmen beziehungsweise Verbraucher die günstigen Zinsen nutzen, um weiter Kredite aufzunehmen. Die Botschaft lautet: Gebt weiter mehr aus, als ihr habt, sonst bricht die Konjunktur vollends ein.

Das Problem ist nur: Man kann nicht einerseits das System reparieren wollen und andererseits Sorge tragen, dass alle weitermachen wie bisher. Strenge Regeln heißt weniger riskante Finanzinstrumente und damit auch weniger Kredite. Weniger Kredite schnüren die Konjunktur ab. Das aber kann und wird sich keine US-Regierung leisten. Und deshalb wird aus den hehren Plänen Paulsons nichts werden. Eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte, so dringend nötig sie ist, wird es in naher Zukunft wohl nicht geben.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!