Olympischer Fackellauf geht weiter: Sportfunktionäre im Beißkampf

Trotz der teils gewalttätigen Proteste wird der olympische Fackellauf nach dem Willen des IOC wie geplant fortgesetzt. Eine Entscheidung unter internen Querelen.

Hat bisher wenig bewirkt: Anti-Olympia-Protest. Bild: dpa

Michael Vesper sitzt im fernen Peking und belfert in die Heimat. Der Generaldirektor des deutschen Olympischen Sportbunds war gar nicht damit einverstanden, dass Manfred von Richthofen vom Sportausschuss des Deutschen Bundestags eingeladen worden ist, um seine Kritik am Vorgehen der deutschen Sportoberen in Sachen Olympia noch einmal zu erläutern.

Richthofen ist Ehrenvorsitzender des DOSB und war als Chef des einstigen Deutschen Sportbundes lange Jahre Deutschlands oberster Sportfunktionär. Wenn er sich äußert, horcht die Sportnation auf. Gestern im Bundestag wiederholte er seine Kritik an den derzeitigen Hütern des deutschen Sports. Er vermisse ein echtes Bekenntnis zu den Menschenrechten. Die Versicherung des DOSB, in keinem Fall die Spiele zu boykottieren, hält er für vorschnell. Die Möglichkeit mit einer Boykottdrohung Chinas Regierung auch in der Tibet-Frage unter Druck zu setzen, habe man so vertan. Vespers Toben aus der Ferne hat Richthofen wohl vernommen, und machte deutlich, dass er seine Meinung als Privatmann geäußert habe. Und das lasse er sich nicht verbieten.

Auch Peter Danckert (SPD), der Vorsitzende des Sportausschusses, hat das Grollen aus Peking vernommen und eilig die Oberen des DOSB zur nächsten Sitzung der Runde eingeladen. Die Betonköpfe im deutschen Sport werden also Gelegenheit erhalten, zur - wie es Danckert sagte - Meinungsbildung der Abgeordneten beizutragen. Danckert selbst machte gestern einen reichlich ratlosen Eindruck. Er hofft allen Ernstes darauf, dass bis zu Beginn der Spiele Ruhe und Frieden herrschen, und hofft damit nichts anderes als die internationale Funktionärselite. Die machte bis jetzt keine Anstalten, auf all die Proteste zu reagieren, die sich entlang der Strecke manifestieren, über die derzeit die olympische Flamme getragen wird. Richthofen würde das gern anders sehen. "Es ist an der Zeit, dass die Damen und Herren des IOC zu dem Entschluss kommen, diese makabre Veranstaltung des Fackellaufs abzubrechen."

Doch dort denkt derzeit kaum einer an ein Ende der Feuerstaffel. IOC-Präsident Jacques Rogge dementierte diesbezügliche Meldungen. DOSB-Präsident Thomas Bach, einer der Vizepräsidenten des IOC stellte nach einer Sitzung des IOC-Exekutivkomitees klar: "Es ist davon auszugehen, dass der olympische Fackellauf weitergeht." Die olympischen Spitzenfunktionäre scheinen sich auf einen neuen Umgang mit den Protesten entlang der Staffelstrecke eingestimmt zu haben. Sie prangern die Gewalt an, die den Läufern von den Protestierern angetan werde.

Zu den Protestkritikern gehört auch der ehemalige Stabhochspringer Sergej Bubka der für die Ukraine im Exekutivkomitee des IOC sitzt. Er sprach von einem "Missbrauch" des olympischen Fackellaufs und übernahm damit die Diktion der offiziellen chinesischen Stellungnahmen zu den andauernden Angriffen auf die Fackelträger.

In der Tat scheint es den Läufern mulmig zu werden. Ein 14-jähriges Mädchen, das die Fackel in der vergangenen Nacht für eine Etappe durch San Francisco tragen sollte, soll seine Teilnahme aus Sicherheitsgründen abgesagt haben. Die Sicherheitsmaßnahmen in der kalifornischen Metropole wurden vor dem Start des ersten Läufers noch einmal verschärft. Der Zugang zur Golden Gate Bridge, die schon tags zuvor für eine spektakuläre Protestaktion der Free-Tibet-Bewegung genutzt worden war, wurde massiv beschränkt.

In Argentinien, wo die Fackel morgen in Buenos Aires ihren Auftritt haben wird, sollen die Läufer von über 1.000 Polizisten geschützt werden. Tibet-Aktivisten kündigten "überraschende Aktionen" an. Dann könnte auch der argentinische Fußballheros Diego Maradona ins Staunen geraten. Er ist als Fackelträger avisiert.

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