Sorge um Generationengerechtigkeit: Politik-Pensionär provoziert Rentner

Alt-Bundespräsident Roman Herzog warnt davor, dass in einer "Rentnerdemokratie" Jüngere "ausgeplündert" würden. Für manchen ist er nun ein "geistiger Brandstifter".

Sieht so ein Brandstifter aus? Roman Herzog hat mit seinen Thesen zur Generationengrechtigkeit einigen Staub aufgewirbelt. Bild: ap

BERLIN ap/taz Mit dieser Warnung hat sich Roman Herzog nicht nur Freunde gemacht. "Ich fürchte, wie sehen gerade die Vorboten einer Rentnerdemokratie", so diktierte es der Ex-Bundespräsident mit Blick auf die jüngst beschlossene außerplanmäßige Rentenerhöhung in die Blöcke der Bild-Zeitung. "Die Älteren werden immer mehr, und alle Parteien nehmen überproportional Rücksicht auf sie", wird Herzog in dem Blatt zitiert. "Das könnte am Ende in die Richtung gehen, dass die Älteren die Jüngeren ausplündern." Scharfe Kritik brachten dem früheren Staatsoberhaupt diese Aussagen bei Wohlfahrts- und Sozialverbänden ein. Aber auch in der Senioren-Union erntete das CDU-Mitglied Herzog Protest.

Die beschlossene Rentenerhöhung hält Herzog dem Bericht zufolge zwar für verfassungsgemäß, weil die Kaufkraft der Renten seit Jahren nicht gestiegen sei. Allerdings warnte er: "Wenn die Älteren die Jüngeren immer stärker zur Kasse bitten, würde die Staatsquote wachsen. Und ich gehe davon aus, dass ab einem gewissen Punkt eine hohe Staatsquote durchaus verfassungswidrig ist." Die Chancen, dass die nun ausgefallene Rentendämpfung nach 2011 tatsächlich nachgeholt wird, schätzte Herzog auf "50 zu 50".

Empört reagierte der Wohlfahrtsverband Volkssolidarität auf diese Äußerungen. "Wir warnen davor, immer wieder zu behaupten, die Älteren würden die Jüngeren ausplündern", sagte Verbandspräsident Gunnar Winkler am Freitag in Berlin. "Wer so was in die Welt setzt, zündelt als geistiger Brandstifter gefährlich am sozialen Frieden in unserem Lande und gefährdet die Demokratie." Offenbar müsse die These vom vermeintlichen "Generationenkrieg" immer dann herhalten, wenn in der Bevölkerung verstärkt die Frage nach sozialer Gerechtigkeit gestellt werde, meinte Winkler.

Scharf zurück wies Herzogs Äußerungen auch der Präsident des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger: Er habe "überhaupt kein Verständnis", dass das frühere Staatsoberhaupt auf diese Weise "Emotionen hochputscht", sagte Hirrlinger der Westdeutschen Zeitung (Samstag). "Wo wären wir heute, wenn die Älteren unseren Staat nicht aufgebaut hätten? Das wird gerne vergessen." Die Aussetzung des Riester-Faktors sei angesichts der hohen Inflation nur "ein Tropfen auf dem heißen Stein". An die Bundesregierung appellierte Hirrlinger, die ausgefallene Rentendämpfung nach 2011 nicht nachzuholen.

Der Vorsitzende der Senioren-Union, Otto Wulff (CDU), forderte in der Frankfurter Neuen Presse "die Macht der Alten". Dazu müsse die Politik "viel mehr Rentner in ihre Reihen aufnehmen, sie in den Parlamenten an die Rednerpulte treten lassen, damit wir einander besser verstehen", sagte der Vertreter der älteren Generation in der CDU. Es habe viele Jahre der Diskriminierung von Senioren gegeben. Sie seien als inkompetent und überflüssig bezeichnet worden und hätten viele Verletzungen hinnehmen müssen. "Die Folge ist ein Bumerang-Effekt, so dass die Älteren jetzt auch mal schärfer zurückschlagen."

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