Kommentar Privatisierungsbeschluss: SPD opfert die Bahn

SPD-Chef Beck hat in der hart umkämpften Frage der Bahnprivatisierung einen Kompromiss gefunden. Dieser führt zu dem, was die SPD nicht will: der Privatisierung.

Die gute Nachricht lautet: Die SPD ist sich ausnahmsweise mal einig. Kurt Beck, der viel gescholtene Parteichef, hat etwas fast Unmögliches geschafft: in der hart umkämpften Frage der Bahnprivatisierung einen Kompromiss zu finden. Oder genauer: etwas, das aus großer Ferne so aussieht wie ein Kompromiss.

Die schlechte Nachricht lautet, dass dieser Kompromiss de facto genau zu dem führt, was die SPD eigentlich nicht will: zur Privatisierung der Bahn. Dass nur ein Viertel des Bahnverkehrs verscherbelt wird, klingt irgendwie freundlicher, als privaten Investoren gleich 49,9 Prozent einzuräumen - es macht aber keinen fundamentalen Unterschied. Die Bahn wird künftig die Renditewünsche ihrer Aktionäre berücksichtigen. Im Fernverkehr wird dies aller Voraussicht nach höhere Preise und ein dünneres Netz bedeuten. Denn es widerspricht schlicht der Renditelogik, IC-Strecken aufrechtzuerhalten, die sich nicht rechnen.

All das wird nicht auf einen Schlag passieren, sondern langsam. Dabei ist der Sinn des Börsengangs der Bahn mehr als fraglich. Die Bahn-AG braucht Kapital, um als Global Player auf dem internationalen Mobilitätsmarkt agieren zu können. Damit wird ein transnational aktiver, halbstaatlicher Konzern geschaffen. Ein Blick auf die aktuellen Milliardenverluste der Landesbanken zeigt, wie riskant solche Konstrukte sind. Doch die deutsche Politik ist bemerkenswert unfähig, aus schmerzlichen Erfahrungen zu lernen.

Die Privatisierung der Bahn ist ein Relikt der Neunzigerjahre, als mit Privatisierungen noch Heilserwartungen verbunden waren. Von der Müllabfuhr bis zu den Gefängnissen gibt es heute jedoch eine Menge Beispiele, die zeigen, dass privat oft nicht besser, sondern schlechter und teurer heißt. Trotzdem hat sich die SPD - in schroffem Widerspruch zu ihrem Hamburger Parteitag - nun dafür entschieden.

Für die Machtposition von Kurt Beck mag dieser Kompromiss gut sein, für die Sozialdemokratie ist er es nicht. Die SPD-Linke hat schlicht kapituliert: Sie redet sich ihre Niederlage noch ein bisschen schön und fügt sich ansonsten ins Unabänderliche. Eine bessere Wahlhilfe für die Linkspartei hätte Beck kaum leisten können.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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