Neues zum Kita-Ausbau: Mehr aber noch zu wenig

Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bieten die wenigsten Plätze für unter dreijährige Kinder an. Sachsen-Anhalt hält den Rekord.

Schrittweise vorwärts geht es mit der Kinderbetreuung in Deutschland. Bild: dpa

BERLIN taz In Cloppenburg ist die CDU-Welt noch in Ordnung. In der niedersächsischen Kreisstadt liegt die Union bei 57,6 Prozent der Wählerstimmen - und die Wählerinnen verhalten sich auch noch so, wie die CDU es gewohnt ist: Die Frauen bekommen Kinder und bleiben dann zu Hause. Cloppenburg hat mit 1,9 Kindern pro Frau die höchste Geburtenrate Deutschlands - und ist zugleich Klassenletzter bei der öffentlichen Betreuung der Kinder unter drei Jahren.

Letzteres geht aus den neuen Zahlen zum Ausbau der Kinderbetreuung hervor, die das Statistische Bundesamt am Donnerstag veröffentlichte. In Cloppenburg wurden 2007 ganze 2,2 Prozent der Kleinkinder in einer Einrichtung betreut, das sind 115 Kinder von gut 5.200. Aber dennoch steht Cloppenburg für einen Trend: Ein Jahr zuvor nämlich lag die Betreuungsquote bei 1,1 Prozent: Ganze 59 Kinder besuchten 2006 eine Krippe. Cloppenburg hat sich so gesehen um fast 100 Prozent gesteigert.

Auf solche Ausbau-Traumquoten kommt natürlich kein ostdeutsches Land wie Brandenburg, in dem man schon bei 40 Prozent betreuten Kleinsten startete und sich 2007 auf 43 Prozent steigerte. Oder Sachsen-Anhalt, wo man von 50 Prozent auf fast 52 kam. Thüringen dagegen weist einen Abwärtstrend auf: Von 37,9 auf 37,5 Prozent. Thüringen ist das Land, in dem die Union ein Betreuungsgeld für Eltern einführte, die ihre Kind daheim lassen.

Dennoch können die westdeutschen Länder von einem solchen Niveau nur träumen. Nur Berlin mit 39,8 Prozent betreuten Kleinkindern und Hamburg mit immerhin 22 Prozent befinden sich in der Nähe der vom Familienministerium angestrebten 35-Prozent-Quote.

Insgesamt hat sich die Betreuungsquote von 13,6 auf 15,5 Prozent gesteigert. Weil alle Länder mit Ausnahme Thüringens um bis zu 3 Prozentpunkte zulegten, bleiben die ostdeutschen Länder Spitzenreiter: Im Osten werden 41 Prozent der Kleinsten öffentlich betreut, im Westen sind es knapp 10 Prozent. Dabei haben die eigentlich besonders verrufenen Südländer Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland und auch Hessen die 10-Prozent-Marke überschritten. Darunter bleiben Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und eben Niedersachsen mit dem legendären Cloppenburg.

Und so können Mütter und Väter etwa im Bayerischen Coburg durchaus einen Platz für das Kleinste finden, denn dort ist immerhin für 24 Prozent der Kleinen Platz in der Kita. Wohingegen sie im Rheinischen Kleve oder Olpe nicht fündig werden dürften: Beide Kreise haben nur für etwa 3 Prozent der Kleinen Platz. Auch im friesischen Aurich sollten Eltern sich auf handgebastelte Betreuung einstellen: Lediglich 2,6 Prozent der Kurzen finden hier einen Platz.

Dennoch hat sich innerhalb eines Jahres die Zahl der Kreise, die eine Quote von unter 5 Prozent haben, halbiert. Dass diese Steigerung auch schon ohne das gerade angelaufene milliardenschwere Bundesprogramm in Gang kam, hat verschiedene Ursachen, wie der zuständige Referent des Statistischen Bundesamts, Sascha Krieger, erläutert: "Manche Kommunen bauen tatsächlich neue Plätze auf. Aber in vielen Kindergärten werden Kapazitäten frei, weil die Zahl der über Dreijährigen gesunken ist."

Der Bildungsgewerkschaft GEW geht der Ausbau zu langsam vonstatten. "Der Zuwachs ist zu gering", meint GEW-Vorstand Norbert Hocke. Ein Problem bestehe in Kommunen, die so verschuldet seien, dass sie unter einem Haushaltssicherungsgesetz stünden. Diese Gemeinden hätten nicht die Möglichkeit, in den Kita-Ausbau zu investieren. Das betrifft in Nordrhein-Westfalen fast die Hälfte aller Gemeinden. In diesen Gemeinden, so Hocke, werde sich erst Nennenswertes tun, wenn das Milliardenprogramm des Bundes angekommen ist.

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