die wahrheit: Werden Sie Schrat!

Suchen Sie eine berufliche Veränderung? Wir hätten da ein fantastisches Angebot für Sie.

Schrat wird man nicht im Schongang, sondern im Schlamm feuchter Felder, Wälder und Wiesen. Bild: rtr

Viele junge Menschen stehen heute vor Problemen bei der Berufswahl. "Ich habe einen Betschler", sagen sie nach sechs Semestern. "Einen Betschler haben Sie? Na, hoffentlich stecken Sie niemand damit an", sagen dann die Personalchefs. Dieser ernüchternde Dialog zeigt, dass die meisten geisteswissenschaftlichen Studiengänge nicht wettbewerbsfähig sind.

Wir in der Fachhochschule Klein-Einöd/Academy of Hunsrück gehen mit unserem Curriculum eigene Wege. Wir können eine Vermittlungsquote von mehr als 99 Prozent unserer Absolventen vorweisen, die überdurchschnittlich häufig Schlüsselpositionen übernehmen. Klein-Einöd bietet Ruhe zum Lernen, kurze Wege und ein Leistungsprofil in Schratologie, das seinesgleichen sucht. Das Betreuungsverhältnis ist hervorragend. Auf einen Professor kommen sieben Studenten, auf einen Studenten 70.000 Bäume. Zeit und Raum für die individuelle Entwicklung, systematische Schulung der eigenen Stärken, interdiszplinäres Powercoaching auf einem internationalen Campus mit Wahlpflichtkursen in Gälisch, Sorbisch und Baskisch.

Das boomende biologische Bewusstsein braucht ein Gesicht, und dieses Gesicht können Sie sein. Seit Urzeiten ist der Schrat Symbolfigur für ein Leben im Einklang mit der Natur. Rübezahl, die Ents im "Herrn der Ringe" und Karl Marx sind die bekanntesten Schrate der Weltliteratur. Trotzdem unterstützt die Academy of Hunsrück ausdrücklich die Bewerbung von Frauen.

Lassen Sie sich von den 20.000 Euro Semestergebühren nicht verunsichern, wir bieten Teil- und Vollstipendien für überdurchschnittlich Begabte. Wenn Sie die Hürde des Eignungstests genommen haben und in einer feierlichen dreiwöchigen Zeremonie unter freiem Himmel immatrikuliert sind, erstellen wir für Sie einen individuellen Lehrplan mit Intensivbetreuung. Den werden Sie auch brauchen, denn nur wer top ausgebildet ist, wird auch ein Topschrat.

Der Schrat ist nichts ohne seine Kleidung, und im ersten Semester steht das klobige, wuchtige Schuhwerk im Zentrum des Curriculums. Gummistiefel, Galoschen, niederländische Klompen, Wickelgamaschen, alles was Ihre Füße und Beine unförmig aussehen lässt, werden Sie von der Pike auf kennenlernen. Im zweiten Semester ist dann die Oberbekleidung dran. Ob Kutte oder Kotze, Pelerine oder Mackintosh, Tarnkleidung, Ölzeug, Lodenmantel, Jutesack - alles, was ihren Körper mit der natürlichen Umgebung farblich verschmelzen lässt und ihm die Form eines Heuhaufens verleiht, werden Sie studieren.

Das Schneidern eines Überwurfs aus Segeltuch und die Anfertigung eines "hochschäftigen Schuhs aus Moos, Rinde und kleinen Zweigen" (§ 17 Abs. 2 der Studienprüfungsordnung) bilden den praktischen Leistungsnachweis des ersten Studienjahrs. Zu diesem Zeitpunkt werden etwa 30 Prozent unserer Hörer zu Studienaufhörern. Sie scheitern, weil Sie die Ausbildung in Klein-Einöd auf die leichte Schulter nehmen. Schrat wird man nicht im Schongang, excellence und commitment sind selbstverständlich.

Im dritten Semester stehen Grundlagen der Flora und Fauna auf dem Lehrplan. Dazu gehört auch das Erlernen der wichtigsten Tierlaute, selbstverständlich auch auf Gälisch, Sorbisch und Baskisch, sowie das Musizieren mit Instrumenten der Natur und die Anfertigung einer eigenen Komposition. Im vierten Semester werden Sie sich ausschließlich der Haarpflege widmen, denn nach der feierlichen dreiwöchigen Zeremonie unter freiem Himmel zu Beginn Ihres Studiums dürfen Sie sich weder rasieren noch die Haare schneiden. Flecht- und Filztechniken, Färben mit natürlichen Materialien und das Problem aller Schrate: Was tun bei Spliss? sind die core principles des vierten Semesters. Selbstverständlich gehört auch der Umgang mit den kleinen Lebewesen, die ihren Körper mittlerweile bevölkern, zum Lehrplan. Unsere Alumni bezeichnen die Abschlussprüfung des zweiten Studienjahrs augenzwinkernd als "haarige Angelegenheit", und sie haben recht.

Im fünften Semester wird es dann ernst. Natürlich haben Sie zuvor Praktika unter allen Witterungsbedigungen absolviert, jetzt lernen Sie die Grundtätigkeit des Schrats in Echtzeit kennen. Sie wird in den gängigen Lehrbüchern zumeist mit "irgendwie rumstehen und mächtig und düster wirken" umschrieben. Ihre Aufgabe wird es sein, auch auf größere Entfernungen Menschen, die ihre Bindung zur Natur verloren haben, zu Ehrfurcht und stiller Scheu vor dem Wald und anderen Landschaften zu veranlassen, mit den Vögeln und dem Vieh zu sprechen sowie alte Kühlschränke an die dafür bezeichneten Sammelstellen zu bringen. Entwickeln Sie in dieser Zeit das notwendige Charisma, lernen Sie im sechsten Semester das Wurzeln schlagen. Und schon sind Sie ein frischgebackener Feld-, Wiesen- oder Waldschrat.

Wer höhere Ziele hat, kann bei einem unserer Partnerinstitute ein Aufbaustudium zum Bautz oder Eumel absolvieren. Schrat ist ein Mangelberuf. Nutzen Sie Ihre Chance. Klein-Einöd freut sich auf Sie.

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