Rassistischer Übrgriff: Rechter Schläger sieht sich als Opfer
Knast und Geldstrafe für rassistische und prügelnde Bauarbeiter: Das Amtsgericht Tiergarten folgt den Schilderungen der beiden angegriffenen Kamerunern
Einer der angeklagten Bauarbeiter versuchte sich zum Opfer zu stilisieren. Vergeblich - das Gericht folgte den Zeugenaussagen. So ergibt sich folgendes Bild: Im September 2006 saß eine Gruppe von fünf, sechs, sieben Bauarbeitern angetrunken in der S-Bahn in Richtung Buch, als zwei Farbige das Abteil betraten. Das war der Anlass für die Deutschen, sich von ihrer rassistischen Seite zu zeigen. Sie beleidigten, beschimpften und schlugen die Kameruner.
Zwei ungleiche Angeklagte mussten sich deswegen vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten: Der ruhige, große und nicht vorbestrafte Sven L. (35) wurde am Montag wegen Beleidigung und Nötigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt. Für seinen erheblich und einschlägig vorbestraften Arbeitskollegen Daniel Sch. (31) kam zur Nötigung und Beleidigung noch Körperverletzung hinzu sowie eine frühere Verurteilung wegen zweifachen schweren Diebstahls. Das gestrige Urteil erhöhte daher seine Haftzeit um weitere 12 auf nun 30 Monate.
Er habe geschlafen, als er plötzlich von dem Kameruner Rodrigue B. eine Ohrfeige bekommen habe, sagte der Hauptangeklagte Daniel Sch. Auf dem Bahnsteig am Potsdamer Platz sei er dem Schwarzen mit den Worten "Bleib stehen, du Scheißneger!" hinterhergerannt, angeblich, um ihn zur Rede zu stellen. "Ich habe ihn nicht geschlagen, ich habe ihn nicht gekriegt!", behauptete der große, dicke Glatzkopf, dessen ausgefranster Vollbart ungepflegt wirkt.
Die Opfer des Übergriffs, die als Zeugen vor Gericht aussagten, schilderten eine andere Version: Schon beim Einsteigen habe Daniel Sch. ihm ein Bein stellen wollen, erzählt der 26-jährige Fußballspieler Rodrigue B. Daraufhin habe er gefragt: "Was habe ich dir getan? Ich habe genauso für die S-Bahn bezahlt wie du!" Die Gruppe habe dann angefangen rassistische Lieder zu singen. Woran er das erkannt habe, wollte der Richter von dem Zeugen wissen. "Wenn man in Kamerun die Deutschen beleidigt, dann kriegen Sie das auch mit", antwortete Rodrigue B. Außerdem beschrieb er, wie der Angeklagte Sven L. seinem Freund auf die Hand geschlagen habe. Dem seien darum seine Papiere aus der Hand gefallen.
Unter "Hilfe"-Rufen seien sie am Bahnhof Potsdamer Platz ausgestiegen, die beiden Angeklagten seien ihnen gefolgt. Er habe versucht zu fliehen, aber das sei wegen der vielen Leute nicht gegangen. In der sich nun entspinnenden Prügelei habe ihn Sch. mit seinen Stahlkappen-Sicherheitsschuhen ans Schienbein getreten. Sein fast verheilter Meniskus sei dadurch wieder verletzt worden. Der Fußballspieler - "Abwehr bei Tasmania" - musste operiert werden und konnte ein halbes Jahr nicht trainieren.
Dass die rassistischen Deutschen den Anlass für die Prügelei gegeben haben, ist eindeutig - denn das sagten nicht nur die beiden Opfer aus: Selbst der Angeklagte Sch. und einer seiner grölenden, aber nicht angeklagten Arbeitskollegen berichteten vor Gericht von "dummen Sprüchen", die gefallen seien.
Mit seinem Urteil folgte der Amtsrichter den Aussagen der beiden Kameruner und den Forderungen des Staatsanwaltes. Dieser hatte in seinem Plädoyer gesagt: "Dass zwei Farbige eine alkoholisierte Gruppe während der Fahrt, also ohne Fluchtmöglichkeiten angreifen - einen derart dämlichen Eindruck haben die Zeugen nicht gemacht."
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