Spreepark: Personalkarussell ist einmal durchgedreht
Der verfallene Vergnügungspark im Plänterwald hat einen neuen Verwalter: Es ist ausgerechnet der alte Betreiber, der nach seiner Pleite nach Peru abgehauen war. Die Grünen sprechen von einem "Stück aus dem Tollhaus"
Es klingt absurd: Norbert Witte, der Exbetreiber des Spreeparks im Plänterwald, ist wieder Verwalter des Grundstücks. "Wir haben das Grundstück freigegeben", bestätigte eine Mitarbeiterin des Insolvenzverwalters Wolfgang Schröder der taz. Die insolvente Spreepark GmbH habe Interesse gezeigt und ein neuer Investor für das Gelände des einstigen Vergnügungsparks sei nicht in Sicht, heißt es zur Begründung.
Norbert Witte hatte sich 2001 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit sechs Fahrgeschäften nach Peru abgesetzt und in Berlin ein hoch verschuldetes Grundstück zurückgelassen. Als er nach Berlin zurückkehrte, klickten die Handschellen. Denn Witte hatte, versteckt in einem Fahrgeschäft, Kokain aus dem Andenland nach Deutschland schmuggeln wollen. Seit Mai hat er seine Haftstrafe abgesessen.
Die Bürgerinitiative Pro Plänterwald, die sich für eine neue Nutzung des Geländes einsetzt, hat schon Bekanntschaft gemacht mit Witte. Um für ihre Veranstaltung zum Tag der Stadtnatur am Wochenende auf das Gelände zu kommen, brauchten die Initiative die Genehmigung der Spreepark GmbH. "Am Telefon saß Norbert Witte. Der hat uns die Genehmigung erteilt", berichtet Klaus Mannewitz. Witte habe auch erzählt, dass er den Park wiedereröffnen will. Für die taz war Witte nicht erreichbar.
Irina Dähne vom Liegenschaftsfonds, der das Grundstück seit einigen Jahren verwaltet hat und verkaufen sollte, will die Entscheidung des Insolvenzverwalters nicht bewerten. Ihre Verwaltung habe seit 2001 insgesamt 4 Millionen Euro in die Grundstückssicherung gesteckt, für Wachschutz, Schneebeseitigung, Sicherung der Fahrgeschäfte und Bäume. Auf dem Geld bleibt die Landeskasse jetzt wohl sitzen. Hinzu kommt, dass Witte mehrere Jahrespachten schuldig blieb. Ein Verkauf des Grundstücks war immer wieder an den Schulden gescheitert.
Für die grüne Abgeordnete Lisa Paus ist es ein "Stück aus dem Tollhaus", dass Norbert Witte erneut im Spreepark waltet. "Er blieb seine Pacht schuldig, hat gegen das Baurecht verstoßen und Giftmüll illegal gelagert. Leben wir hier in einer Bananenrepublik?" Der Senat müsse handeln, fordert Paus.
Doch dem seien die Hände gebunden, erklärt Clemens Teschendorf, Sprecher von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). "Uns wurde signalisiert, dass das Insolvenzverfahren gegen die Spreepark GmbH mangels Insolvenzmasse eingestellt wird. Dann wäre es rechtlich die logische Folge, dass der alte Eigner wieder in das Erbbaurecht tritt." Das Land könne Witte lediglich die Kredite verweigern, die er braucht, um die Fahrgeschäfte wieder betriebsbereit zu machen. Holt er sich das Geld von anderswo, sei man machtlos.
Witte hatte das landeseigene Spreepark-Grundstück mit Genehmigung der Landesregierung einst um 11 Millionen Euro beliehen. "Wir müssen abwarten, wie der Hauptgläubiger, die Deutsche Bank, sich jetzt verhält", so Sarrazins Sprecher. Da von der Spreepark-GmbH kein Geld zu holen sei, könne diese auch das Land Berlin zur Kasse bitten, wenn das Insolvenzverfahren abgeschlossen wird. Teschendorf ist aber optimistisch, dass es dazu nicht kommen wird.
Rainer Hölmer (SPD), der Baustadtrat von Treptow-Köpenick, hatte bis vor wenigen Tagen mit einem Interessenten für den Park verhandelt. Die Projektmanagementfirma, deren Namen er nicht nennen möchte, wollte den Park in eine Mischnutzung aus Veranstaltungsorganisation und Wohnen auf Zeit verwandeln. Dagegen gab es Widerstand bei Grünen, Teilen der Linken und den ökologisch bewegten Anwohnerinitiativen. Denn der Spreepark liegt im Landschaftsschutzgebiet Plänterwald - dem größten innerstädtischen Wald Berlins.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus