700-Milliarden-Dollar Rettungspaket: US-Senat nimmt neuen Anlauf
Der US-Senat will heute über einen nachgebesserten Plan zur Rettung der Finanzbranche abstimmen. Aktienmärkte zeigen erste Zeichen der Erholung. Weltweit fordern Politiker die USA zum Handeln auf.
dpa/rtr Nach dem dramatischen Scheitern des 700 Milliarden Dollar schweren US-Rettungsplans für die Finanzbranche im Abgeordnetenhaus soll im Washingtoner Kongress heute ein neuer Anlauf unternommen werden. Nach Fernsehberichten will der US-Senat am Abend über ein modifiziertes Programm abstimmen: Es enthält demnach zusätzlich zu den bisherigen Provisionen eine Erhöhung der staatlichen Privatkonten-Absicherung von bisher 100 000 auf 250 000 Dollar. Das Weiße Haus begrüßte den Schritt.
Auch die beiden Präsidentschaftskandidaten, der Demokrat Barack Obama und der Republikaner John McCain, unterstützen diese Maßnahme. Etwaige Schritte im Abgeordnetenhaus werden frühestens für Donnerstag erwartet.
Der Rettungsplan war in der größeren Kongresskammer trotz eindringlicher Appelle von Präsident George W. Bush am Montag am Widerstand einer großen Zahl von Republikanern gescheitert. Das Programm soll es der Regierung ermöglichen, Finanzinstituten faule Hypothekenkredite und Wertpapiere abzukaufen und damit den praktisch eingefrorenen Kreditfluss wieder in Gang zu bringen.
Unterdessen kehrte einen Tag nach den Kurseinbrüchen am Dienstag an den Finanzmärkten Beruhigung ein. Die US-Börsen fuhren am Dienstag sogar kräftige Gewinne ein. Dow-Jones, NASDAQ und andere Indizes konnten wieder prozentpunkt zulegen. Am Montag hatte der Dow Jones mit einem Minus von mehr als 777 Punkten noch den höchsten absoluten Verlust seiner über 100-jährigen Geschichte erlitten. Der deutsche Aktienmarkt stabilisierte sich am Dienstag nach den extremen Kurseinbrüchen zum Wochenstart und legte sogar leicht zu. Auftrieb gab es durch aufkeimende Zinssenkungsfantasien sowie in Erwartung eines überarbeiteten Rettungspakets für den US- Finanzsektor. Auch die Aktienmärkte in London, Paris und Tokio schlossen mit Pluszeichen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte am Dienstag an die USA, angesichts der rasant wachsenden Risiken das Hilfspaket noch diese Woche zu verabschieden. Dieses habe eine "unglaublich wichtige Bedeutung" für Wirtschaft und Bürger. Großbritanniens Premierminister Gordon Brown befürchtet, dass das Scheitern der Rettungsaktion die Finanzmärkte seines Landes in weitere Turbulenzen stürzen könnte. "Die Abstimmung in Amerika ist sehr enttäuschend", sagte Brown. Auch Russland hat von den USA eine baldige Verabschiedung des Rettungspakets für die Finanzbranche gefordert. Der Plan sei nicht nur für Amerika von großer Bedeutung, sagte Finanzminister Alexej Kudrin am Mittwoch. "Die USA haben auch eine Pflicht gegenüber anderen Ländern."
Leser*innenkommentare
anke
Gast
Drei Tage war der Frosch so krank... Sie spekulieren also wieder. Das Vertrauen der Banken in die Politik scheint ebenso ungebrochen zu sein, wie das Vertrauen der Politik in die Banken. Und wieder wird aus Wasser Wein: ein gegenseitiger Vertrauensvorschuss verwandelt sich, oh Wunder!, in große gebrauchte Scheine, in Wertpapiere, in Zertifikate und Aktien. Wen interessiert eigentlich bei so viel Einvernehmen noch das Vertrauen eines "normalen" Bürgers? Doch höchstens den, dder davon eine Portokasse füllen muss.
Aber gut, dass der (Finanz-)Kapitalismus seine (natur-)gesetzmäßige Überlegenheit einmal mehr unter Beweis gestellt hat. Nun braucht man doch wenigstens nicht länger über Alternativen nachzudenken!