Nationaler Integrationsplan: Einwanderer bemängeln neue Hürden

In ihrer Zwischenbilanz zum Nationalen Integrationsplan kritisieren 17 Migrantenverbände deutliche Verschlechterungen - zum Beispiel beim Zugang zu Gymnasien und Lehrstellen.

Junge Migranten gehören nicht zu den Gewinnern der Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt. Bild: dpa

BERLIN taz Der Zugang von jungen MigrantInnen zu weiterführenden Schulen und zu Lehrstellen hat sich in den vergangenen Jahren weiter verschlechtert. Die Einbürgerung und der Familiennachzug wurden erschwert. Das schreiben 17 Migrantenverbände in ihrer Bilanz zum Nationalen Integrationsplan, die der taz vorliegt. "Das alles stimmt nicht mit den Zielen des Nationalen Integrationsplans überein", sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Kenan Kolat. Neben der TGD haben unter anderem die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, der Bund der spanischen Elternvereine und das CGIL-Bildungswerk die Bilanz unterschrieben.

Anfang November tagt der Integrationsgipfel zum dritten Mal im Kanzleramt. Dort soll eine erste Bilanz des Nationalen Integrationsplans gezogen werden, den Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Verabschiedung als "Meilenstein in der Geschichte der Integrationspolitik" bezeichnet hatte. Eine externe Evaluation ist nicht vorgesehen. Stattdessen sammelt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), derzeit Berichte von allen Beteiligten. Darin überprüfen diese die Umsetzungen der Selbstverpflichtungen, die sie selbst eingegangen sind. Die Migrantenvereine haben ihrer Bilanz eine Erklärung vorangestellt. Darin äußern sie sich grundsätzlich positiv, mahnen aber Verbesserungen an.

"Mit Sorge beobachten wir die zunehmende Gefahr, dass in einigen Bundesländern Kinder mit Migrationshintergrund beim Zugang zu weiterführenden Schulen verstärkt benachteiligt werden", heißt es in dem Papier. Hintergrund sind die Schulempfehlungen beim Übergang von der Grundschule zu weiterführenden Schulen. Diese Empfehlungen haben einige Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen und das Saarland, in den vergangenen Jahren verbindlicher gemacht und es damit den Eltern erschwert, sich darüber hinwegzusetzen. "Wir wissen aber aus zahlreichen Untersuchungen, dass Lehrer Migrantenkinder selbst bei gleichen Leistungen häufiger für die Hauptschule empfehlen", sagte Vicente Riesgo vom Bund der spanischen Elternvereine.

"Bei der beruflichen Ausbildung ist eher eine rückläufige Beteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund festzustellen", heißt es weiter in dem Papier. Obwohl sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt verbessert habe, "gehören junge Migranten nicht zu den Gewinnern", erläuterte Franco Marincola vom CGIL-Bildungswerk in Frankfurt. "Wir befürchten, dass der Integrationsplan nicht umgesetzt wird."

Kritisch beurteilen die Migranten auch die Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes, die zum Boykott des zweiten Integrationsgipfels durch die Deutschtürken geführt hatte. Danach müssen ausländische Ehegatten, die einreisen wollen, einfache Deutschkenntnisse nachweisen. Diese Regelung aber gilt nicht für alle Ausländer. "Man spricht über Integration und in der Praxis passiert genau das Gegenteil", sagte Berrin Albpek, Vorsitzende der Föderation Türkischer Elternvereine. Auch den neuen, bundesweit einheitlichen Einbürgerungstest lehnen die Migrantenverbände ab. "Wir betrachten diesen zweckfremden Test als weiteres Hindernis für die Einbürgerung", heißt es in dem Papier.

Zudem fordern die Verbände die Schaffung eines Bundesbeirats für Migration und Integration, über den sie kontinuierlich in die Integrationspolitik einbezogen werden, und eine bessere finanzielle Förderung. Noch immer arbeiten viele der Vereine ehrenamtlich. SABINE AM ORDE

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