Moderne Sklaverei: 100 Stunden Arbeit pro Woche, kein Lohn

Ein äthiopische Köchin wurde in Berlin von einem Restaurantbetreiber angeworben. Er beutete sie aus.

Lakech Demise wurde eineinhalb Jahre lang in Berlin wie eine Sklavin gehalten. Mehr als 100 Stunden in der Woche musste die äthiopische Spezialitätenköchin in einem Restaurant in Mitte und im Haushalt des Restaurantbetreibers arbeiten - von sieben Uhr morgens bis nachts um eins oder zwei. 500 Euro erhielt Demise in der ganzen Zeit. Die Polizei hat ausgerechnet, dass ihr über 72.000 Euro für ihre Arbeit zustünden. Am Dienstag wurde ihre Geschichte auf einer Pressekonferenz von Ban Ying, der Beratungsstelle gegen Menschenhandel, öffentlich gemacht.

Lakech Demise, Witwe mit drei Kindern, wurde 2004 in Addis Abeba angeworben. Der Analphabetin wurde ein Vertrag vorgelegt, der ihr 200 Dollar im Monat bot. Damit kriegt man keinen Aufenthaltstitel als Köchin. Ihr Visum hat sie bekommen, weil es, wie sich bei der Beweissicherung herausstellte, noch einen zweiten Arbeitsvertrag gibt, der ihr ein angemesseneres Gehalt bot. Wer ihn unterschrieben hat, ist unklar.

Ihr Anwerber, ein Äthiopier mit deutscher Frau, beutete Demise nicht nur aus, er schüchterte sie auch ein, nahm ihr den Pass weg und verlangte, dass sie für die Kosten des Fluges aufkam. Nach eineinhalb Jahren brach Demise zusammen. Danach gelang der heute 45-Jährigen die Flucht. Wie genau und wer sie unterstützte, will sie nicht sagen.

Die selbstbewusst wirkende Frau sitzt im Besucherraum von Ban Ying mit dem Rücken zum Fenster. Im Gegenlicht sind ihre Gesichtszüge kaum zu erkennen. Lakech Demise will anonym bleiben. Es ist nicht ihr richtiger Name. Denn sie lebt weiterhin in Berlin und arbeitet als Spezialitätenköchin. Nach ihrer Flucht erstattete sie Anzeige wegen Menschenhandels zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft. Seit 2005 ist dieses Vergehen ein Straftatsbestand. Ihr Fall ist der einzige in Berlin, bei dem es bisher aufgrund dieses Vergehens zu einer Strafverfolgung kam, die 2009 juristisch mit einem Vergleich abgeschlossen wurde. Ein Teil des ausstehenden Lohns wurde bezahlt.

Nun allerdings schwärzt der strafrechtlich belangte Täter Lakech Demise in der äthiopischen Community in Berlin an. Das will sie nicht hinnehmen. Deshalb ging sie an die Öffentlichkeit.

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