piwik no script img

Gründe für den Putsch in HondurasDas Establishment schlägt zurück

Honduras Präsident Zelaya hat versucht, Hugo Chavez zu kopieren. So hat er das Volk für sich gewinnen können - und Im oligarchischen Honduras hat ihm das viel Ärger eingebracht.

Vor seiner Wahl nicht als Linker aufgefallen: Honduras Präsident Zelaya. Bild: reuters

Als Linker war Manuel Zelaya nicht aufgefallen, als er Ende 2005 zum Präsidenten von Honduras gewählt wurde. Der Großgrundbesitzer hatte vielmehr in verschiedenen Positionen bei Unternehmerverbänden gearbeitet und auch in seiner Zeit als Abgeordneter der Liberalen Partei (1985 bis 1998) stand er im Ruf, ein eher konservativer Politiker zu sein. Als er im vergangenen Jahr Honduras in das von Hugo Chávez gegründete linke lateinamerikanische Staatenbündnis Alba führte, unterstellte man ihm, es ginge ihm nur um billiges Erdöl aus Venezuela. Doch dann begann Zelaya, den politischen Stil von Chávez zu kopieren, was das politische und wirtschaftliche Establishment von Honduras nervös werden ließ.

Anders als in den Nachbarländern Guatemala, El Salvador und Nicaragua hatte es in Honduras in den Achtzigerjahren keinen Bürgerkrieg gegeben. Zaghafte Versuche, eine linke Guerilla aufzubauen, wurden sofort unterdrückt.

Honduras war der Brückenkopf der USA für den Krieg gegen die sandinistische Regierung in Nicaragua und zur Unterstützung der Militärs im Bürgerkrieg von El Salvador. Mit den Friedensverträgen am Ende der Bürgerkriege wurde in El Salvador die Macht der Militärs gebrochen, in Guatemala wenigstens eingeschränkt. Die honduranischen Militärs aber sind so arrogant wie eh und je.

Heute ist die aus den Kriegen hervorgegangene Linke in El Salvador und in Nicaragua an der Macht, in Guatemala immerhin im Parlament. In Honduras hingegen ist Politik noch immer Sache der Oligarchie. Egal, ob im Parlament, im Wahlrat oder im Obersten Gericht: In allen Institutionen sind - mit parteipolitischen Nuancen - nur die Interessen dieser Klasse repräsentiert. Bislang gehörten auch die Präsidenten zu diesem Zirkel. Zelaya wollte sich davon befreien. Es blieb ihm dabei gar nichts anderes übrig, als an allen staatlichen Institutionen vorbeizuregieren.

Chávez hat vorgemacht, wie das geht: Mit populistischen Reden bringt man das Volk hinter sich und hebelt dann mit einem Zangengriff - der Präsident von oben und die Massen von unten - die dazwischen liegenden Institutionen aus. Zelaya war auf diesem Weg erst am Anfang, da reagierte das Establishment mit Gegenangriff.

Aus Nicaragua, wohin Zelaya inzwischen weitergereist war, hat er die Bevölkerung zu zivilem Ungehorsam aufgerufen. Doch er hatte zu wenig Zeit, um seine Parteigänger zu organisieren. Anders als Chávez verfügt Zelaya über kein Netz aus politischen Zirkeln und schon gar nicht über Milizen. Es gibt in Honduras keine Kraft, die den Militärs ernsthaft Widerstand leisten könnte. Zelaya setzt deshalb auf die internationale Isolierung des neuen Regimes.

Seine Alba-Freunde und die Präsidenten Zentralamerikas scharen sich schon um ihn. Und immerhin hat US-Präsident Barack Obama den Putsch ebenso verurteilt wie der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Für den Moment jedenfalls sind die Putschisten international isoliert.

TONI KEPPELER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • S
    Silvan

    Links oder Rechts? - wenn wir uns zu Schulzeiten nicht einig waren wohin es gehen sollte, dann haben wir damals gelernt abzustimmen.

    Die Mehrheit entschied dann, wohin es gehen sollte, die Abstimmungen waren anonym, niemand brauchte also Angst zu haben, für seine Stimme verantwortlich gemachtzu werden - Minderheitenschutz.

     

    Ich wundere mich manchmal, wie wenig sich Politiker (mit Macht, ob recht oder links ist egal) in Krisenzeiten um Stimmen aus dem Volk scheren. Das Volk ist schließlich der Souverän in jeder Demokratie, ob präsidial oder repräsentativ.

    In so wichtigen und wilden Zeiten, wie gerade in Honduras, MUSS abgestimmt werden.

     

    Zur Zeit klammert sich ein politische Klasse mithilfe des Militärs an die Macht, die inländischen Medien zensieren sich selbst und werden zensiert und Demonstranten werden daran gehindert zu demonstrieren, obwohl es ihr gutes Recht ist. Das Militär spielt dabei eine wichtige Rolle und verzerrt so die Meinungsbildung in Honduras. In Deutschland wollen wir es aus guten Gründen vermeiden, das Militär im Inland einzusetzen. Das Militär ist ja auch nicht das Volk.

     

    Also, ihr politischen Klassen, rauft euch zusammen und fragt die, die eure (begrenzte) Macht legitimieren, die Wahlbeteiligung wird bestimmt gut. Und - ich finde, das Volk zu befragen ist nicht im geringsten sozialistisch, es ist zutiefst demokratisch.

     

    Hier noch ein Interview vom letzten Sonntag (05.07.) aus der guatemaltekischen Prensa Libre mit der Vizekanzlerin des Interimsregimes:

     

    http://www.prensalibre.com.gt/pl/2009/julio/05/326167.html

  • JM
    Jo Mueller

    Leider ist die internationale Berichterstattung sehr einseitig. Es wird von gewalttätigen Protesten der Zelaya-Anhänger berichtet. Diese sind jedoch die absolute Minderheit. Am Dienstag fand eine friedliche(!) Kundgebung von 15.000 Honduranern hier in Tegucigalpa statt, die alle den Machtwechsel befürworten! Selbstverständlich ist die Art und Weise des Sturzes aufs schärfste zu verurteilen. Ich hoffe nicht, dass der internationale Druck des Auslands zu einer Wiedereinsetzung Zelayas führt- dann wäre die Sicherheit aller Menschen, die sich hier in Honduras befinden in Gefahr!!

  • JJ
    Jared J. Myers

    Lieber Herr Keppeler,

     

    das war seit langem (und im Vergleich mit anderen Presse-Organen) der beste Artikel zur aktuellen Situation in Honduras. Während "Spiegel" und "Zeit" sich bemühen, die Pro-Micheletti-Demonstranten als disziplinierte "Zehntausende" gegen chaotische und auf Polizisten schießende "Hunderte" von Pro-Zelaya-Demonstranten aufzuhübschen, schreiben Sie ein wenig von den Hintergründen . Interessante Ergänzung wäre das Interview, das Zelaya noch am 28.06. der wahrhaftig nicht sozialismus-verdächtigen "El País" aus Spanien gegeben hat:

     

    http://www.elpais.com/articulo/internacional/jefe/Ejercito/desobedecio/comandante/soy/elpepuint/20090628elpepiint_3/Tes

     

    Der Gute hat die Erwartungen, die seine Herkunft nahe legte, nicht erfüllt - also werfen ihn die Herrschaften 'raus (unter dem Beifall der Friedrich-Naumann-Stiftung und einiger Neocons).

     

    @Sr. Lang: Seguro ud . se ha enterado de la situación laboral en el campo y conoce la gente de esas zonas. ¡Pregúnteles, por favor, si comparten el favor de sus patrones respecto a los golpistas!

  • OL
    Oliver Lang

    Der Witz ist ja, dass es hier gar nicht so um rechts oder links geht. Hier in Honduras gibt es kein schwarz oder weiss - eher Schattierungen unterschiedlichen Graus.

    Z.B. wer ist dieser Mel Zelaya? Es wird immer wieder betont, dass er gegen das Establishment, gegen die Oligarchie und gegen die Reichen anginge. Mel Zelaya ist aber selbst ein Grossgrundbesitzer aus dem Osten des Landes, besitzt riesige Laendereien und eine millionenschwere Pferdezucht. Vor kurzem legte er einen Auftritt hin in Cowboystiefeln, die mehr kosten als der Jahresverdienst eines Arbeiters... seine Gefolgschaft zu Chavez ist eher Opportunismus als Ueberzeugung.

    Heute wird ueberall ueber Demonstrationen berichtet, die fuer seine Rueckkehr eintreten. Verschwiegen wird, dass es nur ein paar hundert (gewaltbereite) sind. Dass in den letzten Wochen ZEHNTAUSENDE gegen Zelaya auf der Strasse waren, wird geflissentlich uebersehen...

  • M
    Marti

    @ Rolf E

     

    Klar, wenn es gegen das Establishment geht, ist natürlich alles erlaubt.

     

    Links = gut und moralisch überlegen, so einfach ist die Welt!

     

    Demokratische Regeln gelten natürlich nur für "Rechte", wenn Linke die Möglichkeit haben, die Macht, egal auf welche Weise, zu erobern oder zu behalten, ist das zu unterstützen.

     

    Kuba, Nordkorea, Weißrussland zeigen ja schon seit langer Zeit, dass der Sozialismus überlegen ist.

     

    Chavez ist auch schon auf dem Weg ins Paradies, hat aber hat bisher das Ziel noch nicht ganz erreicht, leider

     

    Also Genossen, venceremos!

  • RE
    Rolf E

    Wie sich die Zeiten ändern: Vor einigen Jahren wurde über die taz für Waffen für die Guerilla in El Salvador gesammelt - heute begrüßt ein Großteil der eingesendeten Leserbriefe einen Militärputsch in einem lateinamerikanischen Land. Und findet Proteste gg. den Putsch "bedenklich". Dass Präsident Zelaya gg. "seine" liberale Partei (der Großgrundbesitzer) agiert: unerhört.

    Der Inhalt des politischen Prozesses in Honduras - eine partielle Entmachtung der traditionellen Eliten und Militärs - spielt offensichtlich gar keine Rolle. Das ist ja schlimmer als das, was sich in den Leserbriefspalten der FAz abspielt.

  • OL
    Oliver Lang

    Ich lebe und arbeite (als Angestellter) hier in Honduras und bekomme gerade einen Eindruck davon, wie sich Galilei gefuehlt haben muss: ich sehe hier vor Ort etwas und hoere und lese von allen Seiten das genaue Gegenteil...

    Manuel Zelaya hat versucht, gegen die Verfassung, das Oberste Gericht, das Parlament und seine eigene Partei zu regieren und wurde deshalb auf Anordnung des Obersten Gerichtshofes und in Einklang mit der Verfassung abgesetzt.

    Das wuerde in jedem anderen demokratischen Staat aehnlich gehandhabt. Und entgegen Herrn Kepplers Behauptung ging ein Aufatmen der Erleichterung durch das Land! Zelaya hat mitnichten die Mehrheit des Volkes hinter sich, was sich auch an der geringen Zahl der Pro-Zelaya-Demonstranten zeigt.

  • K
    Karumpel

    Vllt kann mich hier jemand mit mehr Wissen über Honduras aufklären. Ist das "oberste Gericht" sowas wie das deutsche BVG? Dann würde es natürlich über dem Präsidenten stehen. Mir geht es hier nicht um Bewertung (und ja, ich fänds auch schlimm, wenn sich die BW in der Innenpolitik als Verfassungsschützer aufspielen würde) sondern erstmal um Hintergrundwissen. Das im Artikel vermittelte ...äh.."Hintergrundwissen" ist ja erbärmlich. Da freue ich mich über den Titel "Gründe für den Putsch in Honduras": Und? "sind eh alle oligarchisch". BILD-Niveau. Ich Trottel hatte mir wirklich Hintergrundwissen über die "Gründe" erhofft. Aber als Student kenn ich das. Wenn einem bei einer Hausarbeit echt nix einfällt, nimmt man einfach den plumpsten Titel und schwallert bedeutungslos um den heißen Brei. Allerdings sind dann die Karma-Punkte (CreditPoints) gefährdet. Ich wechsel dann mal wieder zu google, um hoffentlich was informatives zu finden

  • M
    Mart

    Ich halte es für eine durchaus intelligente Regelung, dass Präsidenten nur eine oder zwei Amtsperioden zugestanden werden, besonders in Gegenden, wo die Demokratie nicht immer gefestigt ist.

     

    Aber auch bei uns wären acht Jahre und nicht mehr eine gute Regelung.

     

    Wer das nicht gut findet, aber ein aufrichtiger Demokrat ist, sollte den verfassungsmäßigen Weg zu einer Änderung beschreiten, egal ob er nun eher links- oder rechtsgerichtet ist.

     

    Und wenn es dabei nicht um die eigene Person ginge, wäre es auch glaubwürdiger.

     

    Die Vorstellung, dass einem, nur weil er eben links ist, zugestanden wird, sich nicht an die demokratischen Spielregeln zu halten, finde mehr als ich bedenklich.

     

    Und besonders bedenklich finde ich die internationalen Kommentare von Regierungen und Medien zu diesen Fall.