Kommentar Obamas Lateinamerikapolitik: Schluss mit Honeymoon

Realpolitik statt Charmoffensive: Mit seinem Verhalten zum Honduras-Putsch und dem Aufstocken von US-Militärs in Kolumbien macht sich Obama bei Lateinamerikas Linken unbeliebt.

Der Honeymoon zwischen Barack Obama und den rosaroten Regierungen Lateinamerikas ist noch schneller zu Ende gegangen als erwartet. Mit der Entscheidung, die US-Militärpräsenz in Kolumbien spürbar aufzustocken, stößt er nicht nur erkläre Sozialisten wie den Venezolaner Hugo Chávez oder Evo Morales aus Bolivien vor den Kopf, sondern selbst jene gemäßigten Linken, die er eigentlich als Bündnispartner gewinnen wollte – etwa Michelle Bachelet aus Chile oder Brasiliens Lula da Silva.

Im April hatte der Hoffungsträger im Weißen Haus seinen Kollegen im Süden noch Beziehungen auf Augenhöhe versprochen. Doch dann kam der Staatsstreich in Honduras, der kaum ohne das Zutun Washingtons möglich gewesen wäre. In den letzten sechs Wochen haben Obama und seine Außenministerin Hillary Clinton kaum etwas getan, um ihrer verbalen Verurteilung der Putschisten auch Taten folgen zu lassen. So froren sie zwar die Militärhilfe in Höhe von 16,5 Millionen Dollar ein, nicht jedoch die elf mal so hohe Wirtschaftshilfe für das laufende Haushaltsjahr.

Auch in Lateinamerika knüpft Obama an die langfristig ausgerichtete Politik seiner Vorgänger Clinton und Bush an, wirtschaftlich wie militärisch. Nun macht er sich für genau jenes Freihandelsabkommen mit Kolumbien stark, das er als Senator, mit Hinweis auf die katastrophale Menschenrechtssituation in dem Bürgerkriegsland, noch abgelehnt hatte. Dabei steigt die Anzahl der ermordeten Gewerkschafter in Kolumbien: Allein im letzten Jahr waren es 49.

Anstatt den gescheiterten "Antidrogenkrieg" zu überdenken, verschärft er die Militarisierung nicht nur in der Andenregion, sondern auch in Mexiko und Zentralamerika. Immer mehr Lateinamerikaner vermuten dahinter zu Recht die Absicht, die USA wollten sich mittelfristig auch wieder mit Gewalt den Zugriff auf die Ressourcen des Kontinents sichern. Dabei jedoch stößt Washington auf selbstbewusste Gegenspieler, die sich immer weniger auseinanderdividieren lassen.

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