Verstoß gegen Residenzpflicht: Voice-Aktivist wird abgeschoben

Der Asylbewerber Felix Otto engagiert sich in einer Organisation für afrikanische Flüchtlinge. Er saß sechs Monate in Haft, weil er seinen Landkreis verlassen hatte.

Sah keinen Grund, die Abschiebung von Felix Otto zu überdenken: Thüringens Innenminister Manfred Scherer. Bild: dpa

Das Verwaltungsgericht Gera hat einen Eilantrag gegen die Abschiebung des Asylbewerbers Felix Otto abgelehnt. Otto wird am Dienstag in Begleitung von Bundespolizisten nach Kamerun fliegen - neun Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland.

Das letzte halbe Jahr davon hat der abgelehnte Asylbewerber in der JVA Suhl verbracht. Dort saß er wegen Verstoßes gegen die "Residenzpflicht" - jenes Gesetz, dass es Flüchtlingen verbietet, den ihnen zugewiesenen Landkreis zu verlassen.

Ottos Anwältin Beatrix Wallek hatte den Eilantrag gestellt. Weil ihr Mandant erkrankt sei und es eine Reihe von Verfahrensfehler gegeben habe: So sei sie nicht zur Anhörung über die Abschiebehaft geladen worden, eine vorgeschriebene Anhörung über die Wiedereinsetzung der Bewährung habe nicht stattgefunden. Doch all das nutzte nichts. Heute soll Otto mit einer Air-France-Linienmaschine über Paris nach Douala geflogen werden.

Der ansonsten unbescholtene Otto war im Dezember wegen Residenzpflichtverstößen zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt worden. "Das ist das bei Weitem härteste Urteil wegen dieses schikanösen Gesetzes, das wir kennen", sagte Bernd Mesovic von Pro Asyl.

Seit April hatte die afrikanische Flüchtlingsorganisation The Voice aus Jena, bei der Otto aktiv war, eine Kampagne für Ottos Freilassung betrieben. Ihr Sprecher Osaren Igbinoba sieht die europaweit einmalige Bestimmung in einer Tradition mit deutschen Kolonialgesetzen: "Während der Kolonialisierung Togos und Kameruns durch Deutschland war es der Bevölkerung nicht erlaubt, ihr Dorf oder Gebiet ohne eine kostenpflichtige Sondergenehmigung zu verlassen."

Schließlich, so Igbinoba, hätten auch die Nazis 1938 eine Ausländerpolizeiverordnung erlassen, die es ermöglichte, Ausländern eine "räumliche Beschränkung" aufzuerlegen. Otto habe sich "lediglich die Bewegungsfreiheit genommen, die außer Asylbewerbern jedem Menschen in Deutschland zusteht", sagt Igbinoba.

Als Otto für die Abschiebung die Reststrafe von drei Monaten erlassen wurde, sammelte The Voice hunderte Unterschriften für sein Aufenthaltsrecht. Thüringens Innenminister Manfred Scherer (CDU) beeindruckte das, kurz vor der Landtagswahl, offenbar nicht: "Welchen Anlass sollte es geben, von einer Abschiebung abzusehen?", fragt Adalbert Alexy, der Sprecher des für die Abschiebung zuständigen Landesverwaltungsamtes in Weimar. Otto habe "gerichtlich kein Bleiberecht mehr".

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