Supergau für Ökumene: Katholiken rügen Kirchen-Schreiben
Bischofskonferenz bezeichnet das interne EKD-Papier mit der Kritik an Erzbischof Zollitsch als "harte Sätze". Die EKD ist aufgefordet die Angelegenheit zu klären.
BERLIN taz | Das von der taz veröffentlichte interne Papier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Lage der katholischen Kirche hat mächtig Staub aufgewirbelt. Die Veröffentlichung gleiche einem "totalen Super-GAU", hieß es aus Kreisen, die der Ökumene nahestehen, aber ungenannt bleiben wollen. Das Schreiben, das überheblich bis abfällig über die katholische Kirche urteilt, sei "klimatisch" schädlich, gerade angesichts des nahenden Ökumenischen Kirchentags im Frühjahr 2010 in München. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz forderte die EKD auf, die Angelegenheit zu klären.
Oberkirchenrat Thies Gundlach, eine der wichtigsten Führungskräfte in der EKD-Verwaltungsspitze, des Kirchenamtes, hatte in einem sechsseitigen internen Schreiben im Juni die Lage der katholischen Kirche analysiert. Darin schrieb er unter anderem über den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, den Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch: "Eine orientierende und prägende Kraft geht nicht von ihm aus." Oder: "Wie ein angeschlagener Boxer wird die katholische Kirche schwanken zwischen öffnenden Gesten und ruppiger Abgrenzung, zwischen ökumenischen Einladungen und profilierender Abgrenzung."
Der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, wollte das EKD-Papier nur mit zwei Sätzen kommentieren - und die sind für kirchliche Verhältnisse und das sensible Feld der Ökumene so deutlich, dass die Verärgerung der Katholiken über das Schreiben deutlich wird: "Das sind harte Sätze", sagte Kopp der taz. "Wir gehen davon aus, dass die evangelische Seite diese Sache klärt und möglichst bald das Gespräch sucht."
In evangelischen Ökumene-Kreisen, die anonym bleiben wollen, wird mit Entsetzen die "Sprengkraft" von Gundlachs Schreiben kommentiert: "Das ist nicht irgendein Papier." Gundlach, dem Ambitionen für ein Bischofsamt in der EKD nachgesagt werden, gelte als einer der Chefdenker der EKD, als drittmächtigster Mann der Kirchenzentrale und möglicher Nachfolger Hermann Barths, der das Amt noch bis nächstes Jahr leitet.
Auf den zweiten Ökumenischen Kirchentag im Mai 2010 wirft das EKD-Papier einen Schatten. Die Organisatoren hatten gehofft, dass die Irritationen in der Ökumene vor allem nach Publikation des umstrittenen Papst-Schreibens "Dominus Jesus" im Jahr 2000 etwas in Vergessenheit geraten könnten. Nun aber wird auch von evangelischer Seite mit Stirnrunzeln festgestellt, dass dies nicht leicht wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP