Neuer Konflikt mit Kurden: Rückschlag für Friedensprozess

Nach heftigen Protesten lässt der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan eine zweite Exil-Gruppe rückkehrwilliger PKK-Mitglieder wieder ausladen.

Schon am 21. Oktober durfte eine erste Gruppe Kurden wieder einreisen - und wurde frenetisch begrüßt. Bild: ap

Es hätte ein Freudenfest werden sollen, ein großer Bahnhof sozusagen, nur in der modernen Version am Flughafen. Für Mittwochnachmittag waren 16 PKK-Mitglieder, die in Europa im Exil leben, angekündigt. Sie sollten in Istanbul landen und dort von vielen hunderten Sympathisanten und einer kleinen Gruppe von Polizisten und Staatsanwälten in Empfang genommen werden. Wäre alles nach Plan gelaufen, hätten sich die Rückkehrer einer kurzen Befragung durch die Staatsanwaltschaft unterziehen müssen, um dann als freie Bürger zur Party der kurdischen DTP gehen zu können.

Doch aus dem schönen Plan wird nichts. Auf Anordnung des türkischen Premiers Tayyip Erdogan wurde die Rückkehr der Exilanten abgesagt. Die türkischen Konsulate in Deutschland und den Beneluxländern stellten ihnen keine Papiere aus. Die "Kurdische Initiative" der AKP-Regierung ist damit in einer Sackgasse gelandet.

Der Grund dafür war ein öffentlicher Aufruhr in den letzten Tagen. Am Montag vergangener Woche waren die ersten 34 PKK-Angehörigen aus dem Nordirak als "Friedensbotschafter" in die Türkei zurückgekehrt. Sie hatten ihre Waffen niedergelegt und sich am irakisch-türkischen Grenzübergang den Behörden gestellt. Angeblich hatte der auf der Marmara-Insel Imrali inhaftierte PKK-Führer Abdullah Öcalan seine Anhänger dazu aufgefordert, um dem Friedensprozess neue Impulse zu geben.

Die gab es auch tatsächlich. Wie zuvor abgesprochen, wurden die Rückkehrer zwar von an die Grenze geschickten Richtern und Staatsanwälten befragt, aber dann doch alle nach maximal zwölf Stunden auf freien Fuß gesetzt.

Was die Regierung Erdogan bei diesem Auftakt, dem die Rückkehr etlicher weiterer PKK-Militanten folgen sollte, nicht berücksichtigt hatte, war die Reaktion der kurdischen und türkischen Bevölkerung. Angeführt und wohl auch organisiert von der legalen kurdischen Partei DTP erschienen tausende begeisterte kurdische Anhänger schon am Grenzübergang, um ihre Helden in Empfang zu nehmen. Nachdem diese freigelassen worden waren, inszenierte die DTP einen Triumphzug von der Grenze bis nach Diyarbakir, der größten Stadt im kurdisch besiedelten Südosten der Türkei.

Doch der Triumph der DTP und damit auch der PKK löste im Rest der Türkei heftige Reaktionen aus. Die Oppositionsparteien beschimpften die AKP, Abdullah Öcalan zu einem späten Sieg verholfen zu haben. Oppositionsführer Deniz Baykal ließ den Regierungschef demonstrativ abblitzen. Die Vereinigung der Soldatenmütter protestierte lautstark, und selbst die Zeitungen, die die Kurdenpolitik grundsätzlich unterstützen, kritisierten Erdogan, weil er die Sensibilität der Gesellschaft unterschätzt habe. Als dann noch die AKP-Basis murrte, zog Erdogan die Notbremse und ließ die zweite Gruppe PKKler wieder ausladen.

Angesichts der Empörung ist nicht damit zu rechnen, dass es nur um eine Verschiebung der Rückkehr um einige Tage oder Wochen geht. Erdogan, der derzeit Pakistan und Iran besucht, wird nach seiner Rückkehr erklären müssen, wie und ob es überhaupt weitergehen soll. DTP-Chef Ahmet Türk hat gestern vor der Presse Unverständnis über die Ausladung der PKK-Exilanten geäußert und die Regierung aufgefordert, sich von der Opposition nicht von ihrem Friedenskurs abbringen zu lassen.

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