Sozialausgleich kostet Milliarden: Kopfprämie ist unbezahlbar

CDU und FDP haben sich offenbar auch in der Gesundheitspolitik verrechnet. Der soziale Ausgleich über's Steuersystem würde 22 Milliarden kosten.

Muss nach neuen Ideen suchen: Gesundheitsminister Rösler. Bild: ap

BERLIN taz | Eine neue Studie nährt Zweifel an der Bezahlbarkeit der geplanten Kopfpauschale. Das Forschungsinstitut IGES erklärt, seinen Berechnungen zufolge sei der dafür nötige Sozialausgleich für Geringverdiener "kurz- und mittelfristig" nicht realisierbar. Diese Kritik bestärkt die CSU, die gegen die geplante Entkopplung von Einkommen und Kassenbeiträgen ist.

In seiner Untersuchung ist das Institut davon ausgegangen, dass jedes Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse künftig einen Festbetrag zwischen 140 bis 154 Euro pro Monat zahlen müsse. Kinder und Ehepartner blieben wie bislang beitragsfrei. Für diesen Fall errechnet IGES: Die Kosten für den Sozialausgleich für Bezieher niedriger Einkommen, die diese Pauschale nicht oder nur teilweise zahlen könnten, summierten sich auf 22 Milliarden Euro. Davon müssten 14,9 Milliarden Euro zu den bereits heute gezahlten Steuerzuschüssen für die Kassen finanziert werden.

"Angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage" und der "bereits gesetzten Ausgabenprioritäten" der neuen Regierung "wäre die Gesundheitsprämie kaum darstellbar", erklärte IGES-Geschäftsführer Martin Albrecht. Der Gesundheitsökonom, der bereits den Gesundheitsprämienvorschlag der Rürup-Kommission mit erarbeitete, hält eine Umsetzung daher in dieser Legislaturperiode für ausgeschlossen, berichtet das Handelsblatt. Die Studie entstand im Auftrag der Zeitung.

Diese Berechnung kommt der CSU entgegen. Deren Unterhändler Markus Söder hatte bei den Koalitionsverhandlungen vergeblich versucht, den Einstieg in eine einkommensunabhängige Finanzierung der Krankenversicherung zu verhindern. "Der Haupthaken der Idee der FDP ist, dass sie nicht finanzierbar ist", sagte der bayerische Gesundheitsminister. "Wenn man eine Kopfpauschale mit einem sozialen Ausgleich will, dann kostet das zwischen 20 und 40 Mrd. Euro, und wer will im Moment diese Summen irgendwo herbekommen?"

Die für Gesundheit zuständige Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Elke Ferner, hält die Regierungspläne ebenfalls für unrealistisch: "Der sogenannte Sozialausgleich wird ein Bürokratie-Monster werden und Unsummen verschlingen, die in der medizinischen Versorgung dringend gebraucht werden."

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Martina Bunge, befürchtet eine Umverteilung der Belastungen von oben nach unten. Wenn der Sozialausgleich 22 Milliarden Euro koste, bedeute dies im Umkehrschluss: "22 Milliarden Euro sollen den Besserverdienenden bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung geschenkt werden." Dieses Geld werde eine schwarz-gelbe Regierung nicht durch Steuern wieder hereinholen. Dadurch gerate die Gesundheitspolitik "in die Fänge des Finanzministers".

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