Hamburg gegen Köln: Dem HSV geht die Luft aus

Beim 1. FC Köln führte der Hamburger SV schon mit 3:1 – und ließ die Gastgeber am Schluss doch noch ausgleichen. Das Ziel, oben mitzuspielen, ist in weite Ferne gerückt.

Chancen hatte der HSV in Köln genug, aber auch der bärenstarke Marcell Jansen verwandelte nur eine davon, scheitert hier am Kölner Torwart Faryd Mondragón. Bild: dpa

Ein fröhliches Lachen lag in den Zügen von Ruud van Nistelrooy, als der Schuss des Kölners Adil Chihi in der 88. Minute zum 3:3 in den Winkel des Hamburger Tores geflogen war. Der frisch genesene Superstar stand gerade an der Außenlinie, er wartete auf seine Einwechslung. Und gewiss ärgerte sich auch ein Teil des Hamburger Stürmers. Doch die Dramatik der Schlussphase, der enthemmte Aufschrei der 50.000 Zuschauer, der Jubel der Kölner - all das hatte den aus Madrid gekommenen Stürmer offenbar berührt.

In diesem Moment war die Faszination des Fußballs greifbar, und um dieses Gefühl noch ein wenig länger zu genießen, ist van Nistelrooy schließlich in die Bundesliga gewechselt. "Sich auf so ein Spiel vorzubereiten, so ein volles Stadion, all das wieder zu erleben, war schon sehr schön", sagte der 33-Jährige später. Er hatte den Nachmittag genossen.

Van Nistelrooys Hoffnung, in den drei Minuten nach seiner Einwechslung, "vielleicht eine Chance zu bekommen", erfüllte sich zwar nicht, nur den Anstoß nach dem späten Ausgleich durfte er noch ausführen, aber der Holländer war hiermit im Spielgeschehen der Bundesliga angekommen.

Und als er etwas später im feinen Klubanzug vor die Journalisten trat, wurde deutlich, dass er auch als Analytiker eine Bereicherung für die Liga ist. "Das Schwierige haben wir heute sehr gut gemacht", sagte er, denn der HSV hatte lange gespielt wie ein Spitzenteam, hatte Unaufmerksamkeiten in der Kölner Defensive geschickt genutzt.

Marcell Jansen (2.) sowie zwei Mal Mladen Petric (36., 50.) hatten drei Tore für den HSV erzielt. "Wir haben attackiert und defensiv alles kontrolliert", meinte van Nistelrooy. Doch zahlreiche vergebene Chancen des HSV und zwei Treffer nach Standardsituationen durch Mohamad (31.) und Novakovic (75.) hielten die Kölner im Spiel.

Und dann folgte mit der Schlussviertelstunde eine Phase, die sich langsam zu einem grundsätzlichen Problem für den HSV entwickelt. Seit dem 10. Spieltag hat die Mannschaft von Trainer Bruno Labbadia sechs mal durch Gegentore nach der 75. Spielminute Punkte verloren. "Ich will da nicht mehr von Glück oder von Pech reden, heute war das ganz klar unsere Schuld", sagte der schwer verärgerte Petric.

Eine seltsame Lethargie hatte die Spieler befallen. "Wir hatten zwar die Chancen, das 4 : 1 und das 5 : 1 zu machen, aber wir haben nach dem 3 : 1 das Fußballspielen eingestellt", zürnte Labbadia. Über die Ursache für die vielen missratenen Schlussphasen rätselt offenbar auch der Trainer. "Die Dominanz, die wir hätten haben können, hatten wir nicht, warum auch immer", erklärte er.

Diese etwas ratlosen Formulierungen erinnern langsam an die Rückrunde der vergangenen Saison, als Labbadia die Kontrolle über die hoch veranlagte Leverkusener Mannschaft entglitt. Überhaupt scheint sich eine enttäuschende zweite Saisonhälfte zu einer Spezialität des jungen Trainers zu entwickeln. Vor zwei Jahren verwandelte sich Zweitligist Greuther Fürth unter Labbadias Ägide während der Rückrunde vom Aufstiegsaspiranten zu einem Mitläufer in der Zweiten Liga, und vor einem Jahr stürzte Bayer Leverkusen unter dem Ex-Stürmer von der Tabellenspitze ins Mittelmaß.

In Leverkusen wurde damals auch Labbadias Methodik kritisiert. Die Spieler seien nicht fit, weil sie zu hart trainieren müssten, hieß es. Zwar ist mit solchen Behauptungen Vorsicht geboten – Labbadia hatte sich Feinde gemacht, die solche Behauptungen bewusst lancierten. Fakt bleibt aber, dass Bayer seinerzeit genau wie nun auch der HSV lediglich eines seiner ersten vier Rückrundenspiele gewonnen hat.

"Jedem muss klar werden, dass wir unsere Ziele so nicht erreichen werden", sagte Petric, und Labbadia erwiderte auf die Frage nach den mittelfristigen Perspektiven: "Wir haben es uns abgewöhnt, zu weit nach vorne zu denken." Natürlich hat auch er die zurückliegenden Trainerjahre im Hinterkopf.

Ein entscheidender Unterschied zu Leverkusen und Fürth ist aber, dass der HSV auf die großen Qualitäten einiger erfahrener Spieler hoffen darf. Die Rückkehr des in der Hinserie so überragend spielenden Zé Roberto naht, und auch Ruud van Nistelrooy wird sehr bald einen Platz in der Startelf beanspruchen. "Es geht alles nach Plan, ich kann jetzt eine lange Woche trainieren und denke schon, dass ich bald spielen kann", sagte der Holländer. Er kommt genau richtig, um diese schlingernden Hamburger wieder in die Spur zu bringen.

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