Neonazi-Aufmarsch in Dresden: "Notstand der Demokratie"

Ein Gericht hat die Beschwerde der Stadt Dresden zum geplanten Neonazi-Aufmarsch zurückgewiesen. Die Rechtsradikalen könnten nun dort starten, von wo die Nazis die Juden in Todeslager deportieren.

Streetart in Dresden-Neustadt (Katharienstraße) Künstler: TETRA / Pinkel Crew Bild: WBS 70 – Lizenz: CC-BY

Der "Trauermarsch" der "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO) ist erlaubt. In Dresden dürften die Neonazis nun auch nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen aufmarschieren. Die von der Stadt erhobene Beschwerde gegen die Aufhebung eines Marschverbots wurde zurückgewiesen. "Vor Gericht werden wir nicht scheitern" hatte der Rechtsanwalt der JLO, Ingmar Knop, kurz zuvor der taz erklärt.

Mit der Entscheidung soll nun die Polizei in Absprache mit der JLO die Route für Samstag abstimmen. Das Bündnis "Nazifrei – Dresden stellt sich quer"" betont: "Das ist ein Skandal". Vor allem, so der Bündnis-Sprecher Henning Janssen, weil der Auftaktsort der Neonazis nun der Schlesische Platz vor dem Bahnhof Neustadt sein könnte. Der Platz ist nicht bloß in unmittelbarer Nähe des linksalternativen Viertels. Hier von diesem Bahnhof ließen die Nationalsozialisten die Dresdener Juden in die Todeslager deportieren.

Seit einigen Jahren ist an dem Bahnhof eine Gedenkplatte angebracht. Ihre Inschrift soll mahnen: "Im Nationalsozialismus war der Güterbahnhof Dresden-Neustadt Ausgangspunkt oder Zwischenstation für viele Deportationen von jüdischen Frauen, Männern und Kindern. Im Oktober 1938 begann hier die Abschiebung von 724 Dresdner Juden nach Polen".

Als mögliche Ausweichroute für die Neonazis war diese Option von der Stadtverwaltung schon in den vergangenen Tagen angedacht wurden. Die Idee: Die Elbe könnte als natürliche Barriere zwischen Neonazis und Gegendemonstranten dienen. Für den Grünen Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi ist diese Route dennoch unerträglich. "Wie kann dieser Versammlungsort nicht die Würde der Opfer verletzten?", fragt Lichdi. "Sollte dort der Naziauftakt sein ist das ein Verhöhnung der Opfer", betont auch Janssen.

Das Bündnis muss sich indes mit weiteren staatlichen Repressionen auseinandersetzen. Busunternehmen, die am Samstag Gegendemonstranten nach Dresden fahren sollten, sollen von der Polizei unter Druck gesetzt worden seien. "Wir mussten schon schnell neue Busse buchen", sagt Janssen.

Dem Bündnis signalisierten die Polizei bereits die Busreisenden vor der Stadt sehr genau zu überprüfen. Alleine 2500 Beamte sollen für die Maßnahme abgestellt werden, so Janssen, und konstatiert, Mit diesen Maßnahmen und Androhnungen werde das Demonstrationsrecht ausgehebelt: "In Dresden herrscht ein Notstand der Demokratie", so Janssen.

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