BRAUNKOHLE: Klimagift unter der Erde

In Neutrebbin demonstrieren BürgerInnen gegen ein geplantes Kohlendioxid-Endlager des Stromkonzerns Vattenfall. Der hatte sich durch einen Trick die Genehmigung des Bergamts erschlichen.

Eine solche Demonstration hat das Dorf Neutrebbin in Brandenburg noch nicht gesehen. Knapp 2.000 Menschen und 30 Trecker machten am Freitag ihrem Unmut über die Entscheidung der Landesregierung Luft, im Kreis Märkisch-Oderland den Energiekonzern Vattenfall ein Kohlendioxid-Endlager erkunden zu lassen.

Vattenfall hatte in dieser Woche vom Brandenburger Landesbergamt die Genehmigung erhalten, auf 353 Quadratkilometern den Untergrund auf Speichermöglichkeiten für Kohlendioxid hin zu erkunden. Vattenfall plant langfristig, bei der Braunkohleverstromung Kohlendioxid abzufangen und dauerhaft unterirdisch einzulagern. Dieses "Carbon Capture and Storage (CCS)"-Verfahren ist höchst umstritten, weil bislang unklar ist, ob und wie lange das Klimagift eingelagert werden kann.

Bürgerinitiativen bezweifeln, dass die Genehmigung rechtens ist. Denn es gibt noch kein Gesetz auf Bundesebene, das die Kohlendioxideinlagerung regelt. Ein Entwurf wurde zwar noch unter der schwarz-roten Bundesregierung vorgelegt, im vergangenen Jahr aber nach Widerständen zurückgezogen. Vattenfall hatte die Genehmigung mit einem Trick erreicht: Nach Bergrecht erforscht das Unternehmen nur den möglichen Abbau von Sole. Gesteinsschichten, die diese Salz-Wasser-Lösungen enthalten, sind theoretisch auch als Treibhausgasspeicher geeignet. Möglich ist dies aufgrund eines Gerichtsurteils 1994 im Zusammenhang mit den Erkundungsarbeiten am Atommülllager Gorleben.

"Mit der Erkundungserlaubnis wird das Bergrecht zu Lasten der Bevölkerung extrem diskussionswürdig ausgelegt", kritisiert Udo Schulze, Sprecher der Initiative "CO2-Endlager stoppen", das Verfahren. Die Entscheidung sei vorauseilender Gehorsam, um ein privates Unternehmens zu begünstigen.

In Brandenburg befinden sich nach wie vor große Braunkohlevorkommen, die Vattenfall auch nach 2020 zur Stromerzeugung nutzen will. Braunkohle ist mit Abstand die CO2-intensivste Form der Energieerzeugung. Deshalb setzt man voll auf die Kohlendioxidabscheidung. Ohne diese Technologie, die derzeit in einer Pilotanlage in der Lausitz getestet wird, fehlt angesichts der Klimadebatte der Stromgewinnung aus Braunkohle jede Akzeptanz.

Zur Demonstration am Freitag hatte neben Bürgerinitiativen auch der örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete Hans-Georg Marwitz aufgerufen. Während der Großteil seiner Parteikollegen die CCS-Technologie befürwortet, stellte sich Marwitz im Bundestagswahlkampf gegen die Vattenfall-Pläne. Volle Unterstützung hat Vattenfall aber bei der rot-roten Landesregierung. Zwar hatte sich die Linkspartei im Wahlkampf gegen CCS ausgesprochen, der Koalitionsvertrag spricht jedoch eine andere Sprache. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) gilt, entgegen den Beschlüssen seiner Partei, als CCS-Befürworter.

HANNO BÖCK

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