Diskriminierung von links: Kein Kaffee für Stadtangestellte

Die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde durfte in einem Göttinger Alternativ-Café nicht frühstücken. Die Stadtverwaltung überlegt sich jetzt, dagegen zu klagen.

"Beschäftigte der Ausländerbehörde werden hier nicht bedient" soll ein Angestellter gesagt haben. Bild: dpa

Weil sie in der Ausländerbehörde arbeitet, wurde eine Frau aus dem alternativen Göttinger Cafe "Kabale" hinausgeworfen. Die Stadt prüfe, ob ein Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz oder Gaststättenrecht vorliege und schließe rechtliche Schritte gegen das Cafe nicht aus, erklärte Detlef Johannson, Sprecher der Stadtverwaltung, der taz.

Die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde war an einem Sonntag im März mit Freunden ins "Kabale" zum Frühstücken gegangen. Getränke bekam die Runde noch, ein Frühstück aber nicht, berichtete das Göttinger Tageblatt. Ein Beschäftigter im Cafe, der die Frau offenbar erkannte, sprach sie unmittelbar auf ihre Tätigkeit bei der Behörde an. Dann habe er sie aufgefordert, das Cafe zu verlassen mit den Worten "Beschäftigte der Ausländerbehörde werden hier nicht bedient".

Auf einem Flugblatt, das wenig später bei einer Kundgebung gegen Abschiebungen verteilt wurde, stand unter anderem "Kein Frühstück für RassistInnen". "Ich bin keine Rassistin und könnte meinen Dienst kaum ausüben, wenn ich solche Gedanken hätte", sagte die betroffene Frau laut der Zeitung. Die Stadtverwaltung habe bereits zwei Schreiben an das Cafe geschickt, in denen um ein Gespräch über den Vorfall gebeten wurde, sagte Johannson der taz. Bisher sei keine Reaktion gekommen.

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Das Kabale wird von einem Kollektiv aus 15 Mitarbeitern geführt. Auf Anfrage der taz erklärte einer der Beschäftigten, man wolle "im Moment noch keine Stellungnahme abgeben". Derzeit liefen noch die internen Abstimmungen. Diskussionsprozesse im Kollektiv dauerten "länger". Man könne die Fragen per E-Mail an das Cafe richten.

Der Vorfall ist pikant, weil das Cafe auf seiner Homepage mit seiner Toleranz wirbt. "Hetereogenität wird bei uns GROSS geschrieben", heißt es auf der Startseite, auf der auch für das "gute Frühstück am Sonntag" geworben wird.

Aber ist der Rauswurf der Frau tatsächlich Diskriminierung, die dem Gesetz zur Gleichbehandlung widerspricht? Nein, sagt der Kasseler Fachanwalt Roland Wille, Experte für das Antidiskriminierungsgesetz, im Gespräch mit der taz. Die betroffene Frau falle nicht in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes (AGG). Das Gesetz verbiete nur Diskriminierung aufgrund von Ethnie, Rasse, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Weltanschauung, Religion oder Behinderung. Das Merkmal, bei welchem Arbeitgeber die Dame beschäftigt sei, gehöre nicht zu dieser Liste.

Auch die Frage, ob ein Rauswurf dem Gaststättenrecht widerspreche, verneinte Wille. Jeder private Gewerbetreibende habe grundsätzlich Hausrecht und könne entscheiden, wenn er bedienen wolle. Das Antidiskriminierungsgesetz verbietet allerdings Ungleichbehandlung auch bei Dienstleistungen in der Gastronomie- aber eben nur, wenn der Betroffene unter die geschützten Personengruppen fällt.

Im Internetforum des Göttinger Tageblatt und in Blogs wird der Rauswurf heftig diskutiert. Teilweise wird die Courage des Kabale-Kollektivs gelobt, dann wieder heißt es, das Verhalten der Cafe-Mitarbeiter stehe dem einer abschiebenden Ausländerbehörde in nichts nach.

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