Lehrer schreiben an den Bildungssenator: Grundschulen meckern weiter

Schlechte Bedingungen der Grundschulen behindern den adäquaten Umgang mit der wachsenden Anzahl von Risikokindern, klagt der Grundschulverband in einem offenen Brief an den Bildungssenator.

Nun gibt es noch einen offenen Brief zur Lage der Berliner Grundschulen an Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD): Diese entfernten sich "immer mehr davon, eine gute Schule für alle Kinder zu sein", heißt es in dem am Montag veröffentlichten Schreiben des Berliner Grundschulverbands. Statt alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Wohnort und ihren individuellen Lernvoraussetzungen zu fördern, griffen zunehmend Auslesemechanismen.

Schon in der vergangenen Woche hatte die Initiative "Grundschulen in sozialen Brennpunkten" einen von über 1.000 Lehrern und ErzieherInnen unterschriebenen offenen Brief an Zöllner verschickt. Darin werden die Vergleichsarbeiten VERA kritisiert, die DrittklässlerInnen in Deutsch und Mathematik bundesweit schreiben müssen.

Die "miserablen Ergebnisse", die Kinder in sozialen Brennpunktgebieten bei den Tests erzielten, zeigten, wie wenig es "unter den derzeitigen schulischen Rahmenbedingungen gelingt, die alarmierende Anzahl der Risikokinder zu mindern", meint Inge Hirschmann, Vorsitzende des Grundschulverbands und selbst Grundschulleiterin in Kreuzberg. Dies sei das Ergebnis der "langjährigen Sparpolitik in den Grundschulen" und führe dazu, dass immer mehr Eltern auf Schulen in freier Trägerschaft auswichen: "Wer es sich in Berlin leisten kann, versucht seine Kinder an Privatschulen unterzubringen", heißt es in dem Schreiben.

Der Verband fordert daher: Bessere Finanzierung der Grundschulen, kleinere Klassen und mehr Personal, dazu "in den Schulalltag der Einzelschule eingebundene wirksame Unterstützungssysteme" aus den Bereichen Schulpsychologie, Sonderpädagogik und Sozialarbeit.

Tatsächlich ist die Zahl privater Grundschulen in Berlin deutlich angestiegen: von 47 im Jahr 2006 auf aktuell 62. Über sieben Prozent der Berliner GrundschülerInnen besuchen derzeit Privatschulen. Vor vier Jahren waren es erst 5,9 Prozent. Dass manche Schulen deshalb "im Wettbewerb um die deutsche Mittelschicht" und "wider besseres pädagogisches Wissen" Kinder bei Schuleintritt nach Deutschkenntnissen auf verschiedene Klassen verteilten, führe zu weiterem Aussortieren, kritisiert Hirschmann.

Bildungssenator Zöllner wollte sich am Dienstag zu der neuen Kritik nicht äußern. An den VERA-Tests werde festgehalten, hatte die Bildungsverwaltung bereits vergangene Woche erklärt.

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