Teuere Auflagen für Anti-AKW-Demo: Mieser Trick der Gemeinde Biblis

Die Gemeinde Biblis verlangt von den Veranstaltern der AKW-Umzingelung am Samstag einen aufwändigen Sanitätsdienst. Für die Veranstalter ist das rechtswidrig.

Atomreaktor in der hessischen Gemeinde Biblis. Bild: ap

FREIBURG taz | Die Veranstalter der AKW-Umzingelung von Biblis wehren sich gegen Auflagen für die Demonstration am Samstag. Die Gemeinde Biblis verlangte von den AKW-Gegnern, dass sie einen umfangreichen und teuren Sanitätsdienst beauftragen und bezahlen sollen. "Eine derartige Auflage wäre ein Novum in der 60jährigen demokratischen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland", sagt Matthias Weyland vom BUND.

Im Rahmen des bundesweiten Aktionstags gegen Atomkraftwerke findet am Samstag nicht nur die Menschenkette zwischen Krümmel und Brunsbüttel statt. In Süddeutschland mobilisieren Initiativen zum Skandalmeiler im hessischen Biblis, der mit rund drei- bis fünftausdend Teilnehmern umzingelt werden soll.

Umstritten ist nun eine Auflage, die die Gemeinde Biblis als Versammlungsbehörde Ende letzter Woche erließ. Danach müssen die Veranstalter während der Umzingelung folgenden Sanitätsdienst bereitstellen: Ein Einsatzleiter, drei "Fußtrupps" à zwei Personen, ein Krankenwagen plus zwei Personen, ein Rettungswagen plus zwei Personen. Die Kosten - außer für den Rettungswagen - müsse das veranstaltende Anti-Atom-Bündnis tragen.

Die Aktivisten waren entsetzt. "Das würde Mehrkosten von rund 3.000 Euro mit sich bringen", befürchtet BUND-Mann Matthias Weyland. Der BI-Anwalt Thomas Kieseritky sieht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausgehöhlt: "Das Demonstrationsrecht darf nicht vom Geldbeutel des Veranstalters abhängen."

Am Samstag wird taz.de live von den Aktionen der Anti-Atom-Bewegung berichten.

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Am Mittwoch vormittag hat der Anwalt Widerspruch bei der Gemeinde Biblis eingelegt und am Nachmittag auch noch einen Antrag auf einstweiligen Rechtschutz beim Verwaltungsgericht Darmstadt gestellt.

Anwalt Kieseritzky hält die Sanitätsauflage für "offensichtlich rechtswidrig". Zum einen fehle es an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage. Ein Erlass des hessischen Sozialministeriums, der die Zahl der Rettungskräfte bei Großveranstaltungen berechnet, sei eine reine Empfehlung, so Kieseritzky. Zum anderen habe die Versammlungsbehörde auch nicht darlegen können, dass die Art der konkreten Veranstaltung zu einer Gefahr für die Teilnehmer führen könne.

"Der Umstand, dass 3.000 bis 5.000 Menschen beabsichtigen, sich in der Nähe des AKW Biblis zu versammeln, begründet für die Teilnehmer der Versammlung noch keine unmittelbare versammlungsspezifische Gesundheitsgefahr", heißt es in dem Schriftsatz der Veranstalter, der der taz vorliegt.

"Hier soll bundesweit ein Präzedenzfall geschaffen werden", befürchtet der Anwalt. Über Widerspruch und Eilantrag ist noch nicht entschieden.

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