Cafékollektiv verweigert Bedienung: Rechtfertigung für Rauswurf
Das Göttinger Café Kabale verteidigt den Rausschmiss einer Mitarbeiterin der Ausländerbehörde, der das Frühstück verweigert wurde. "Sie arbeitet an Abschiebepolitik mit".
BERLIN taz | Lange wollte sich das Kollektiv des Göttinger Alternativcafés Kabale nicht äußern, doch jetzt gab es eine Stellungnahme heraus. Darin rechtfertigen die BetreiberInnen den umstrittenen Rauswurf einer Mitarbeiterin der Ausländerbehörde aus dem Gastraum. An der Abschiebepolitik in Göttingen arbeite "die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde aktiv mit", hieß es in der Stellungnahme.
Die Frau war an einem Sonntag im März mit Freunden zum Frühstück in das Café gegangen. Getränke bekam die Gruppe noch, ein Frühstück aber wurde der Dame verweigert. Ein Beschäftigter des Cafés, der die Frau erkannte, sprach sie unmittelbar auf ihre Tätigkeit bei der Ausländerbehörde an. Dann forderte er sie auf, das Café zu verlassen. Der Fall hatte heftige Diskussionen in Göttingen ausgelöst, dabei wurde dem Cafékollektiv, in dem 15 Leute arbeiten, auch "Diskriminierung von links" vorgeworfen.
In der nicht namentlich unterzeichneten Stellungnahme des Cafés hieß es nun, die Betroffene sei "kraft ihres Amtes zuständig für die Entscheidung, ob jemand eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland erhält oder abgeschoben wird". In der Vergangenheit habe "die Art und Weise, wie sie ihren Job erledigt, immer wieder für Aufsehen gesorgt". Rassismus sei für viele Menschen "bitterer Alltag", die verschärften Asylgesetze erzeugten "täglich Elend". Diese Punkte seien "ausreichend, dass der Kollege sie aus unseren Räumlichkeiten gebeten hat". Das Kabale sei ein "antirassistisches Café". Zu dem Zeitpunkt, als die Frau im Café frühstücken wollte, hingen dort die Ankündigungsplakate für die Plakatausstellung "Kein Mensch ist illegal".
Die betroffene Frau, die für ein Interview mit der taz nicht zu erreichen war, hatte in einem Gespräch mit dem Göttinger Tageblatt erklärt, sie sei keine Rassistin und könnte ihren Dienst kaum ausüben, wenn sie solche Gedanken hätte. Wenn sie dies ernst meine, dann "sollte sie sich grundlegend Gedanken darüber machen, was sie 8 Stunden am Tag in ihrem Büro macht, um es danach fein säuberlich von den wenigen restlichen Stunden ihres Tages zu trennen", hieß es in der Stellungnahme des Kabale.
Der Sprecher der Stadtverwaltung, Detlef Johannson, hatte der taz erklärt, man habe das Gespräch mit dem Kabale-Kollektiv gesucht. Ein Treffen sei jedoch nicht zustande gekommen. Rein rechtlich verfügt ein Wirt über das Hausrecht und kann jeden Gast hinauswerfen, sofern er diesen nicht wegen Ethnie, Rasse, Alter, Geschlecht, Weltanschauung, Religion oder sexueller Orientierung des Raumes verweist.
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