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Griechenland einig mit IWF und EUMilliarden gegen die Finanzkrise

Nach wochenlangem Taktieren und einer verschärften Finanzlage einigt sich Griechenland mit EU und IWF auf einen Finanzplan. Für 2010 soll Deutschland rund acht Milliarden Euro zahlen.

Ein Grieche sitzt während der 1.-Mai-Demo vor einer Filiale der Bank of Greece in Athen. Bild: reuters

BRÜSSEL/BERLIN/ATHEN dpa | Die griechische Regierung hat sich mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU auf ein Abkommen über milliardenschwere Finanzhilfen geeinigt. Dies erklärte der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou am Sonntag in Athen. Bei dem Treffen sollen Kredite von mindestens 120 Milliarden Euro für drei Jahre beschlossen werden, sagten Diplomaten.

Allein in diesem Jahr rechnen die Euro-Staaten mit 30 Milliarden Euro, davon 8,4 Milliarden aus Deutschland. Zusätzlich bekommt das vom Staatsbankrott bedrohte Land 15 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds (IWF). In Athen wird am Morgen das Kabinett zusammenkommen. Offensichtlich steht das mit IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) ausgehandelte Sparprogramm der Regierung, das die Voraussetzung für die Finanzhilfen bildet. Das auf drei Jahre angelegte Sparprogramm sieht schwere Einschnitte bei den Ausgaben und deutliche Abgabenerhöhungen vor.

In Deutschland könnten jetzt bis kommenden Freitag die gesetzlichen Voraussetzungen für die Hilfen geschaffen werden. Die Hilfen für Athen sind innerhalb der schwarz-gelben Koalition und in den Bundesländern nicht unumstritten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die griechische

Regierung erneut auf, glaubhafte und nachhaltige Reformen zu garantieren. "Es ist meine Pflicht, Hilfen nur für einen solchen Notfall und nicht ohne Bedingungen zuzusagen", sagte sie der Bild am Sonntag. Ihr gehe es insbesondere darum, dass Griechenland sich zu einem glaubhaften und nachhaltigen Reformprogramm verpflichtet. "Nur damit sind die Finanzmärkte zu überzeugen."

Als Konsequenz aus der Griechenland-Krise will die Bundesregierung die Stabilitätskriterien für den Euro drastisch verschärfen. "In letzter Konsequenz muss es künftig möglich sein, einem Land, das seine Verpflichtungen nicht einhält, zumindest vorübergehend das Stimmrecht zu nehmen. Deutschland hält das für unerlässlich", sagte Merkel. Die Bundesregierung habe durchgesetzt, dass in der EU noch im Mai eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Finanzminister eingerichtet wird, die sich mit notwendigen Vertragsänderungen beschäftige.

In Athen kam es am Samstag bei den Mai-Kundgebungen wegen der massiven Sparmaßnahmen der Regierung erneut zu Krawallen. Die Griechen sorgen sich um ihre Zukunft. Mehr als 94 Prozent der Bürger glauben einer Umfrage zufolge, ihnen stehen noch schlimmere Tage bevor.

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6 Kommentare

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  • LL
    Leo Licht
  • A
    amue

    Ich würde ja sehr gerne mal wissen, was die Griechen selbst (nicht die griechischen Politiker) vorschlagen, wie ihr Land aus dem Schlamassel wieder herauskommen soll.

  • R
    Ron777

    In diesem Jahr wird die Wirtschaft Griechenland voraussichtlich wegen der radikalen Sparbeschlüsse um ca. 5 Prozent schrumpfen. Erfahrungsgemäß verringern sich dabei die Steuereinnahmen um ca. 10 Prozent. Gleichzeitig werden die Sozialausgaben auf Grund der zu erwartenden explodierenden Arbeitslosigkeit extrem ansteigen. Die Neuverschuldung muss zudem finanziert werden, wenn auch zu subventionierten Konditionen der EU. Wer in dieser Situation glaubt, dass das Haushaltsdefizit der Griechen entscheidend sinken kann, ist verrückt oder weiß schon jetzt, dass es gefälscht werden wird, um die Märkte zu beruhigen.

  • H
    hto

    "Nach wochenlangem Taktieren ..."???

     

    Das ist ein logischer Plan von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung, dessen erster Schritt mit dem Eintritt in die EU begann - für die Globalisierung der "Dienstleistungsgesellschaft" (zeitgeistliche Sklaverei)!!!

  • W
    Wolfgang

    Die Profite der Aktionäre der Banken und Rüstungskonzerne werden bedient. Weitere Ausbeutung und unbezahlte Mehrarbeit für die Mehrheit der werktätigen griechischen Bevölkerung ist beschlossen - und demnächst analog auch noch mehr in der Deutschland AG (nach NRW).

    Die Rüstungskonzerne preschen vor: ThyssenKrupp fordert für die Lieferung von U-Booten noch 320 Millionen, Kraus-Maffei-Wegmann für 170 Panzer an die griechische NATO-Armee rund 180 Millionen (Panzer, auch zukünftig gegen die Bevölkerung?) und EADS für ein NH90-Auftragsvolumen rund 700 Millionen etc. usw. usf.

  • R
    Ron777

    Auch 150 Mrd. werden nicht reichen. Alle vergessen, dass die Wirtschaft der Griechen durch die Sparmaßnahmen einen Schock bekommen wird. Der Konsum wird zusammenbrechen, Arbeitslosigkeit wird deutlichst ansteigen, Reiche werden verstärkt ihr Geld aus dem Land abziehen und die einheimische Wirtschaft wird in den nächsten Jahren nichts investieren. Unter diesem Blickwinkel wird das Defizit trotz der Sparanstrengungen nicht wesentlich sinken - mit der Folge, dass die Staatsverschuldung weiter ausufert. Derzeit haben die Griechen ca. 40 bis 50 Mrd. Euro jährliche Neuverschuldung. Unsere geplanten Hilfspakete reichen gerade, um diese Summe abzudecken. An der Ursache der Krise, der Überschuldung des Landes, wird sich so nichts ändern. Im Gegenteil: Es besteht die Gefahr, dass das Land sich finanziell "tot spart". Gleichzeitig ist absehbar, dass die weltweiten Zinsen nicht ewig auf ihren historischen Tiefstständen verharren werden. Bereits ein oder zwei Prozent mehr, dann kollabiert nicht nur Griechenland, sondern halb Südeuropa.

     

    Die Alternative, eine Staatspleite oder Umschuldung des Landes wäre ein sicherlich schmerzlicher Weg, letztendlich ist er aber alternativlos. Mit dem jetzigen Ansatz werden wir uns nach 20 Jahren und 200 Mrd. an Hilfsleistungen immer noch verwundert die Augen reiben und uns fragen , warum das viele Geld nicht wirklich geholfen hat. Wie sowas dann aussieht, kennen wir Deutschen am Aufbau Ost, der eben auch falsch finanziert wurde.