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Diskotheken in SpanienVersteigerung von Minderjährigen

Brüste, Pos und Tangas: Spanische Clubs werben gern und oft mit weiblichen Reizen. Junge Frauen werden dort mittlerweile sogar zur "Versteigerung" angeboten – mit richterlicher Genehmigung.

Ein bisschen Sexismus kann nicht schaden: Spanische Diskos zeigen schon auf ihren Flyern, was ihnen an Frauen wichtig ist. Bild: promo

Madrid taz | "Zwei Titten erreichen mehr als zwei Karren", heißt ein spanisches Sprichwort. So manche Diskothek macht sich dies zu eigen. Nackte Frauen zieren Plakate für Rockkonzerte. Brüste versteckt hinter einem Kopfhörer laden zur Party. Das A des Logo des Clubs Arco im zentralspanischen Ciudad Real zeigt die Silhouette einer Frau mit über den Kopf zusammengebunden Händen und einem bis zu den Knien heruntergerutschten Tanga.

Dies sei "eine zur Schaustellung des weiblichen Körpers ohne jeglichen Bezug zum Produkt", beschwert sich Spaniens Gleichstellungsstelle. Doch die Clubs und Diskotheken machen weiter. Sexismus ist gut fürs Geschäft.

Jetzt musste in einem Dorf bei Madrid gar die Polizei eingreifen. Denn der Club El Skándalo ging noch einen Schritt weiter. "Lust auf ein gutes Fest mit guten Frauen? Wir warten auf Euch, begeistert und geil", stand vergangenen Woche auf einem Plakat zu lesen.

Als besonderer Reklameknüller für die Wiedereröffnung nach längerer Pause, kündigte El Skándalo die "Versteigerung einer Frau" an. Die Polizei schritt ein und untersagte das Fest. Da half es auch nichts, dass der Clubbesitzer angab, es habe sich nur um eine Prostituieterte gehandelt, die einen Kunden beglücken sollte.

Auch eine Diskothek in der Mittelmeerstadt Valencia ließ sich etwas Besonderes einfallen, um den Saal zu füllen. Dieses Mal richtete sich die Werbung an die Frauen. Unter allen Anwesenden wurde eine Brustvergrößerung verlost.

Eine Diskothek im südspanischen Granada machte vor einem Jahr ebenfalls Schlagzeilen. "Wenn du eine alleinstehende Frau bist, versteigere dich. Wenn du alleinstehender Mann bist, biete mit", lautete der Werbespruch für einen Diskonachmittag für Minderjährige. Die Jungs bekamen mit ihrer Eintrittskarte einen Bündel Monopolygeldscheine.

Die Mädels gaben auf dem Laufsteg ihre Reize zum Besten, bevor sie versteigert wurden. Danach wurden Käufer und Verkaufte in der Ehrenloge zur Limo eingeladen, "um sich näher zu kommen".

Der Club wurde angezeigt – und freigesprochen. Der Richter sah in der Versteigerung von Minderjährigen keinen Verstoß gegen gültiges Recht.

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6 Kommentare

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  • A
    ausländer

    Habe selber längere Zeit in Spanien gelebt...dort herrscht halt eine andere "Wertevorstellung"...sex sells, auch im katholischen Spanien, denn es gibt ja zum Glück die Beichte. Als Frau muss man dort sehr viel Selbstbewusstsein haben, wenn man nicht "mitspielen" will.

  • A
    Anneliese

    Aber immerhin gibt es eine Gleichstellungsstelle, damit ist das gesellschaftliche Feigenblatt doch konstituiert.

     

    Armes Europa: wirtschaftlich und ethisch pleite.

  • P
    Peterchen

    Die eigentliche Frage ist doch: Warum machen die Frauen mit?

    Wenn die SpanierINNEN nicht mehr in die Clubs gehen würden, wäre deren Geschäft dahin.

    Auch die Versteigerung waren ja keine Zwangsveranstaltungen bzw Nötigungen aus der Armut heraus, dennoch fanden sich Frauen die mitmachten.

     

    Warum Männer das mitmachen ist ja gesellschaftlich bereits geklärt: Weil sie Schweine sind.

    Aber warum machen Frauen das mit?

  • G
    Gary

    Spanien ist das beste Land in Europa.

  • PA
    Peter A. Weber

    lupenreine Dekadenz

     

    Wie dieser Artikel beispielhaft beweist, haben wir es im sog. abendländischen "Kultur"-System mit einer lupenreinen Dekadenz zu tun - vergleichbar mit dem Niedergang anderer Gesellschaftssysteme der Vergangenheit (siehe "spätrömische Dekadenz").

     

    Feudalistische und Sklavenhaltungs(un)sitten greifen um sich und wir marschieren im Gleichschritt mit. Ich bin kein religiöser oder moralischer Eiferer - aber ich finde, daß Gesellschaften, die keinerlei ethische Prinzipien mehr beherzigen, dem wohlverdienten Untergang geweiht sind!

     

    Peter A. Weber

  • O
    Oertzen

    Naja, Europas Bananenrepublik eben.