Interview France24-Chefin Ockrent: "Keine politischen Gelder"

Christine Ockrent ist Geschäftsführerin des französischen Senders France24. Ihr Mann ist Außenminister Kouchner, ihr Auslandssender Teil einer staatseigenen Holding.

Christine Ockrent und ihr Mann, der französische Außenminister Bernard Kouchner. Bild: dpa

taz: France24 gibt es nun seit fast vier Jahren. Wie positioniert der Sender sich heute neben den Giganten BBC, CNN und al-Dschasira?

Christine Ockrent: France24 hat es geschafft, sich als internationaler Nachrichtensender zu etablieren. Es gibt keinen Grund, die Araber, die Amerikaner und die Engländer dieses Gebiet dominieren zu lassen. Warum sollten wir al-Dschasira eine französische Redaktion aufbauen lassen, ohne etwas zu erwidern? Oder dabei zusehen, wie die Chinesen eine Milliarde Euro in mehrsprachige Sender stecken? Undemokratische Regimes investieren in die Medien der Globalisierung. Wir sollten nicht akzeptieren, dass Europa sich da heraushält.

Was unterscheidet France24 von seinen Konkurrenten?

France24 legt besonders Wert auf europäische Themen, die von unseren Konkurrenten eher übergangen werden. Wir sind auch dabei, das arabische Programm auszubauen. Die Sendezeit auf Arabisch wird im Juni dieses Jahres von zehn auf fünfzehn Stunden erhöht, 2011 wird es dann ein 24-stündiges Programm geben. Es ist uns sehr wichtig, europäische Werte wie die Würde der Frau, die Bildung und den Laizismus auf Arabisch zu vermitteln. Wir möchten, dass diese Werte, die in Europa seit Jahrhunderten erkämpft wurden, Zuschauer im mittleren Orient, aber auch arabische Muttersprachler in Europa erreichen.

Auf welches Publikum zielt France24 konkret ab?

Der 2006 gegründete TV-Sender France24 überträgt auf Französisch, Englisch und Arabisch. 2008 wurde er mit Radio France Internationale (RFI) und TV5Monde in einer staatlichen Holding vereint, deren Vorsitzenden Alain de Pouzilhac und Stellvertreterin Christine Ockrent (66) Staatspräsident Nicolas Sarkozy ernannte. Die Belgierin Ockrent leitet France24.

Der Großteil unserer Zuschauer sind Entscheidungsträger, die beruflich auf Nachrichten angewiesen sind. Außerdem begleitet France24 als junger Sender die technologische Entwicklung. Wir waren als Erste auf dem iPhone präsent und haben vor kurzem erst eine iPad-Application herausgebracht. So können wir ein junges, technikbegeistertes Publikum ansprechen. Auch in arabischen Ländern gewinnen multimediale Geräte immer mehr an Bedeutung.

Ihr Vorgänger Gérard Saint-Paul zog eine deutsche Redaktion in Erwägung. Wird es eine geben?

Das ist aber schon drei Jahre her! Die Strategie des Senders hat sich seitdem geändert.

Das gilt wohl auch für den Radiosender RFI. Dort haben Sie 2009 sechs Redaktionen gestrichen, darunter die deutsche.

Ich halte es für wichtiger, in Sprachen wie Russisch, Mandarin oder afrikanische Dialekte wie Swahili zu investieren. Man kann nicht weiterhin so tun, als sehe die Karte Europas so aus wie in den 60er-Jahren. Die Mauer ist seit 20 Jahren gefallen! Heute ist ein deutschsprachiger französischer Radiosender nicht mehr nötig, weil unsere Werte sich sehr ähneln.

France24 war zunächst zu 50 Prozent privat. Heute gehört der Sender einer staatlichen Holding. Schadet das nicht der Unabhängigkeit des Senders?

Haben wir nicht das Recht, uns zu verändern?! Die Deutsche Welle ist auch ein öffentlich-rechtlicher Sender, die BBC ebenfalls. Öffentliche Gelder sind keine politischen Gelder. Nur weil wir vom Staat finanziert werden, lassen wir uns nicht zwangsläufig von der Regierung beeinflussen.

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