Ablenkung statt Bildung: Obama verurteilt iPad und Co.
In der Generation iPad und Xbox verkomme Information zur puren Unterhaltung, sagte US-Präsident Barack Obama in einer Rede vor Studenten. Jetzt hagelt es Kritik.

Hat gegen ein Blackberry offensichtlich nichts einzuwenden: Barack Obama. Bild: ap
BERLIN taz | Keine Frage, der Mann kann reden. Barack Obama ist ein Rhetoriktalent, spickt seine Reden gewandt mit Wortwitz und Charme. So auch vergangenen Sonntag: Da sprach der US-Präsident während der Abschlussfeier an der Hampton University in Virginia über Bildungspolitik – und warnte vor der Oberflächlichkeit, die durch den Gebrauch von iPad, iPod und Co. erzeugt werde.
"Sie wachsen in einer Rund-um-die-Uhr-Mediengesellschaft auf, die uns mit allen möglichen Arten von Inhalten bombardiert und uns allen möglichen Arten von Argumenten aussetzt, von denen nicht alle besonders wahrhaftig sind", so Obama zu den Studenten.
Mit iPods, iPads, Xboxen und Playstations verkomme Information zu Ablenkung und Zerstreuung, einer Form von Unterhaltung, anstatt zu Verantwortung und Emanzipation zu führen, sagte der US-Präsident weiter. Und fügte hinzu: "Das alles belastet nicht nur Sie, sondern auch unser Land und unsere Demokratie."
So rund seine Rede formuliert war, so gekonnt er sie präsentierte: Das kam nicht gut an. Denn niemand hat vergessen, dass Obama selbst während des Wahlkampfs kräftig im Netz die Werbetrommel rührte, ständig über Twitter, Facebook und Co. verfügbar war und den "neuen Medien" bislang nicht abgeneigt schien.
Sogar in Computerspielen kam man nicht um die "Yes we can!"-Plakate herum. Außerdem erklärte Obama einst, er trenne sich nie von seinem Blackberry und höre Bob Dylan und Jay-Z auf seinem iPod.
Dass die PR-Arbeit des Präsidenten von seinen Beratern gemacht wird, ist zwar kein Geheimnis – trotzdem schmälert die Bildung-statt-Zerstreuungs-Rede seine Authentizität. Das finden offensichtlich auch die User. Die Kritik reicht von scherzhaft ("Obama...you can fuck around with America, but you don't fuck around with a man's XBOX!!!!!") bis ernst ("Hmmmm, I think there are bigger issues to deal with than talking about IPADS, XBox, etc. How about Oil Spill, Illegal Immigration?").
Bei Twitter ärgern sich bereits einige, wahrscheinlich Apple-Fans: "Moment mal, hat Obama etwa das iPad beleidigt?". Wer weiß, wahrscheinlich muss sich Obama bald bei Steve Jobs persönlich entschuldigen. Aber reden kann er ja.
Leser*innenkommentare
Helga
Gast
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Natürlich hat Obama weitgehend sehr Recht. Es geht wohl letztlich um die rund-um-die-Uhr Fülle mit technische Unterhaltungsmitteln, die man nun wirklich nur selektiv und nicht unendlich und schon gar nicht 24 Stunden gebrauchen soll. Ob iPad den Professor ersetzen kann und damit symbolisch auch den direkten Umgang mit anderen Menschen sei einmal dahingestellt. Wenn man über iPad seinen Blutdruck messen und direkt an den Arzt senden kann, ist das sicher zeitsparend, aber der persönliche menschliche Kontakt mit dem Arzt wird auch verringert.
iPad ist ja nicht das einzige elektronische Gerät, das Märkte überschwemmt und den Geldbeutel leert. Denn schliesslich werden auch diese Geräte halbjährlich oder jährlich von vielen anderen Mitbewerbern mit den neuesten updates angepriesen werden. Halleluja für Apple & Co. - aber aus menschlicher Sicht sollte man sich da ja wohl fragen, was soll das, wohin mal mit all' diesem elektronischen Schrott, wann kommt der nächste.
Das Selbst
Gast
Woraufs eigentlich an kommt ist doch die Aussage, dass das meiste in den Medien nicht sehr wahrhaftig sei. Wenn das mal ein President mit diesen Worten sagt, gibt das schon zu denken.
Karin Haertel
Gast
Wissen laesst sich bestens mit guter Unterhaltung - sei es ein Computerspiel oder ein Fernsehfilm -vermitteln und das Gelernte wird auch noch im Grips abgespeichert. Besser jedenfalls als trockene, staubige Buecher. Wenn ELTERN DANN NOCH AUFTRETENDE FRAGEN BEANTWORTEN KOENNEN - WAS MAN HEUTE LEIDER nur NOCH SELTEN ANTRIFFT - dann unterstuetzt das doch diese neue Form der Bildungslust.Zuviel tut selten gut und deshalb sollte man es aber auch hier nicht uebertreiben.
Johannes
Gast
Ist der Herr nicht Präsident des Landes, das selber ein Computerspiel produziert:
www.americasarmy.com
Floda Nashir
Gast
Nu gucke ma da! Der Obama ist ja ein ganz schlauer!
Aber doch interessant, dass er’s mal so sagt. Dass dann so viele aufschreien, als ginge es um die Verteidigung hoher Werte, wusste man aber eigentlich auch vorher, oder?
"unbekannt" - Österreich
Gast
Ablenkung:
Über 40 Juden tun das Gelübde, weder etwas zu
essen noch zu trinken, bis daß sie den römischen
Bürger Paulus getötet hätten: als dieser zum Kai-
ser nach Rom gebracht werden soll. Das Atten-
tat mißlingt. Welche Stelle im ALTEN TESTAMENT
erklärt, weshalb die Juden ihr Gelübde nicht er-
füllen müssen? Welche zweite Stelle im ALTEN
TESTAMENT beweist aber auch, daß Paulus kei-
nesfalls wie ein Schwätzer vor Herodes Agrippa II.
und dessen Schwester Berenike im Gerichtsver-
hör ausgesagt haben kann? Was lehrt diese
zweite Stelle auch über die Bedeutung "homo-
sexueller" und "lesbischer" Neigungen für die
Kunst - Musik, Malerei, Literatur?
Michael
Gast
@ Carla:
Danke!
Würde mich interessieren, ob Obama zum Beispiel "Eternal Sonata" gespielt hat - ein Rollenspiel, das einem Spieler nebenbei nicht nur die komplette Bio von F. Chopin, Teile seiner großartigen Musik und einen genauso gut recherchierten historischen Kontext liefert - von der inhaltich komplexen Auseinandersetzung mit einer klug und liebevoll gestalteten Story und gelungener Ästhetik einmal ganz abgesehen (auch für Xbox erhältlich...) und Ähnliches und Vieles mehr.
Daddeln ist nicht bloß oder nur oder gleich daddeln. Man kann sich die guten Sachen raussuchen. Die Entscheidungsfähigkeit und Kompetenz hierzu nehmen einem weder ein I-Pod oder eine Spielekonsole - oder unnötige und dreist einseitige Verbote. Es wird leider - wie hier im Kommentarkäfig - nur einmal mehr von diesbezüglich meiner persönlichen Meinung nach "ungebildeter" Seite "geklittert" und stigmatisiert, was das Zeug hält.
Gegen meinen Frust brauch ich jetzt erstmal eine Runde "God of War" - mit Lust (schult meine räumliche Vorstellungskraft, mein Reaktionsvermögen, meine Kritikfähigkeit, was beispielsweise implizite Darstellung angeht, meine Geschichtskenntnisse und etwaig in der Story bzw. darüber stattfindende Transformationsprozesse - die übrigens sogar in bestimmten Unis in Berlin Sonderforschugnsbereiche bilden...)
Konservativ und vorsichtig: Meinetwegen.
Ausschließlich rückwärtsgewandt und daher praktisch betriebsblind: Schade.
Wer was nicht will und nicht braucht - kanns einfach lassen: Ohne Verbote auszusprechen.
Tilman Völkert
Gast
Barack, ich wünschte du wärst Präsident meines Landes.
Nour Gate
Gast
Wilkommen in der POSTDEMOKRATIE nach Colin Crouch...
elitäre Wirtschaftsmächte - Lobbyisten, Massenmedien lenken das politische Geschehen. Demokratische Wahlen sind nur Shows und iszenierte PR - Kampagnen.
Ausdauersportler
Gast
Das Internet bietet uns nicht nur die Möglichkeit, Informationen zu bekommen, sondern auch politische Diskussionen über den Rand der Theke der Stammkneipe hinweg zu führen. Das bringt nicht nur einen quantitativen Sprung nach vorne, weil man einfach mehr Menschen erreichen kann.
Politiker aller Parteien und in allen Ländern erkennen langsam - wie es ihre Art ist - das Ihre Rolle als Vorturner und Vordenker oder auch nur nützliche Marionette ein Ende gefunden hat. Sie werden unsere Zukunft nicht mehr bestimmen, und das ist gut so!
Merlin
Gast
Nach einem Jahr als Austauschstudent in den USA kann ich Obamas Rede nur voll unterstuetzen, ich sehe wie meine amerikanischen Komilitonen fast den gesammten tag vor Xbox und Fernseher verbringen. Ein klassischer Fall von 'Brot und Spiele' es ist einfacher in einem Land zu regieren wo die meisten Leute lieber Football/Basketball schauen als sich die Nachrichten anzuschauen. Es ist da nicht erstaunlich, dass die meisten Nachrichtensendungen nur noch zu Infotainment verkommen und die erfolgreichste Nachrichten Sendung gar keine ist und auf Comedy Central laeuft.
janimatz
Gast
@Oliver
das sublimiert sich noch unter "Irritation".
Logine
Gast
Auch dieser Mann kann reden, und dessen Geisteshaltung ist das pure Gegenteil: do your thing, unabhängig davon, ob es den andern gefällt, Präsidenten inklusive.
http://www.ted.com/talks/steve_jobs_how_to_live_before_you_die.html
Philipp
Gast
Muss mensch ihm wohl Recht geben dem Herrn Obama, er spricht von Inhalten und nicht von der Technick selber. So eine Rede wäre wohl auch mal weltübergreifend Notwendig. Da sitzen hier in Deutschland Studenten in Kaffees und drehen mit ihrem Mausrad kräftig an der Welt. Mensch siehe nur Facebook, Myspace und co. die von Statuskommentaren,Blogeinträgen und nebenbei schnittigen Speilen gekennzeichnet sind. Das problem liegt dabei jedoch nicht an der Technick selber sondern an der Lenkung der Inhalte. So lässt sich wohl der Werbespruch "BILD dir deine Meinung" mit verschiedenen Dingen austauschen. "Twitter/Blog dir deine Meinung" ;-) Schick Wahrheitsgehalt hätte es und würde keinen Gegensatz zum ursprünglichen Werbespruch darstellen.
Max
Gast
Und wo taucht bei Obama das iPad auf? Bitte genau lesen! Es geht um Inhalte, nicht um Medien.
Fabian Otto
Gast
Ok, die Rede kommt zwar von der falschen Person, aber Unrecht het er nicht.
Jael
Gast
Kluger Mann, der Herr Obama. In dieser Sache hat er einfach Recht, und grade wir Studenten sollten uns das durch den Kopf gehen lassen, anstatt unsere technologischen Spielzeuge zu verteidigen. Wir haben ja meistens das Gefuehl, wenn wir der Facebook-Gruppe beigetreten sind, muessen wir zu Demo nicht mehr hin...
peter
Gast
"Obama...you can fuck around with America, but you don't fuck around with a man's XBOX!!!!!"
Allein dieser satzt zeig wie XBOX und CO ein Menschen verblöden lassen und so dem menschen jegliches kritische denken abhanden kommt
Oliver
Gast
Anhand der Artikel von taz online bin ich außerstande, zu erklären und zu erkennen, was die taz sein möchte. Inhaltlich irrelevanter als ein Blog und zudem auch immer häufiger falsch, wird die Website mit Müllartikeln wie diesem hier gefüllt, die bei einem Boulevard-Blättchen wie dem Spiegel Online tragbar sein mögen, nicht aber beim Online-Ableger einer Zeitung. Die taz könnte nicht weiter von ihrer Selbstbeschreibung (siehe “Über uns” oben im Menü”) entfernt sein als momentan:
“Was als linkes, lautes Projekt am 17. April 1979 begann, ist mittlerweile eine unabhängige Qualitätszeitung und Institution der deutschen Presselandschaft. Taz ist ein richtiges Unternehmen und gleichzeitig Gegenöffentlichkeit. Das mag widersprüchlich scheinen – doch die tageszeitung lebt durch ihre Gegensätze, die Reibungen und Veränderung. Schließlich ist das Blatt selbst eine spannende Mischung aus relevanter Information, intelligenter Unterhaltung und Irritation."
Carla
Gast
Alles hat mindestens zwei Seiten.