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WDR feuert Doku-RedakteurAngeschmiert und abserviert

Der WDR-Journalist Klaus Martens hat letztes Jahr eine Debatte um ein angebliches Wundermittel gegen Hautkrankheiten angezettelt. Jetzt muss er gehen.

Eigene Salben-Herstellung in einem Klinikum. Bild: dpa

Die Kontroverse um die Wundersalbe begann schon gleich nach Ausstrahlung der Doku "Heilung unerwünscht" am 19.Oktober 2009. Jetzt hat der für die Ausstrahlung der ARD-Sendung verantwortliche Westdeutsche Rundfunk seinen Politik-Redakteur Klaus Martens mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt und arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet.

Der WDR sieht es nach eingenen Angaben jetzt "als erwiesen an, dass der Mitarbeiter als Autor des ARD-Features 'Heilung unerwünscht: Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern' gegen Programmgrundsätze verstoßen und falsche Angaben gegenüber dem WDR gemacht hat".

Laut der ARD-Sendung sollte die Hautcreme bei Beschwerden wie Neurodermitis oder Schuppenflechte mit großen Erfolg helfen. Und das, ohne die sonst üblichen Nebenwirkungen anderer Präparate zu haben. "Millionen Menschen leiden unter schweren Hauterkrankungen. Vielen könnte geholfen werden, wenn man sie mit einer neu erfundenen Spezial-Salbe behandeln würde. Das haben Wissenschaftler und Ärzte festgestellt. Doch die großen Pharmakonzerne weigern sich, die Erfindung auf den Markt zu bringen. Warum nur?", warb damals die ARD für den Film.

Der WDR-Redakteur Klaus Martens, der für sein Feature nach eigenen Angaben über ein Jahr recherchiert hatte, beantwortete die Frage auch in einer wenige Tage später zum Thema gesendeten Ausgabe von Frank Plasbergs "Hart aber Fair" offensiv damit, dass die vor allem aus Viatmin B 12 hergestellte Salbe schlicht "zu gut" sei. Die Arzneimittelhersteller fürchteten die Konkurrenz des preiswerten Mittels zu ihren etablierten teuren Produkten und kämpften mit fiesen Methoden gegen die Salbe und ihre Erfinder.

Kritiker hatten schon nach der Ausstrahlung der Doku Zweifel angemeldet und den schlichten Schwarz-Weiß-Stil vom Martens Argumentation gerügt. Auch in der "Hart aber Fair"-Sendung herrschte Unklarheit über die Ergebnisse klinischer Studien, die Martens heranzog. Mediziner hatten darauf verwiesen, dass die ARD hier ein medizinisch noch nicht ausreichend getestetes Präparat bewerbe, das gar keine Zulassung als Arzneimittel habe.

Martens, der seit 1989 beim WDR arbeitet und dessen Filme mehrfach Preise gewonnen haben, hatte kurz nach dem Film auch ein gleichnamiges Buch über die Salbe veröffentlicht. Außerdem wurde bekannt, dass im November 2009, also kurz nachdem die ARD dem Thema - auch durch die Wiederholung von "Heilung unerwünscht" im Dritten Programm - breiten Raum gegeben hatte, die Markteinführung der Salbe stattfinden sollte.

Gegen das Feature wurde laut WDR formelle Programmbeschwerde erhoben. Neben dem Rundfunkrat des WDR wurde auch die interne Revision des Senders einbezogen. "Die Prüfung hat ergeben, dass der Mitarbeiter seine unmittelbaren Vorgesetzten, die Fernsehdirektorin und die Intendantin und damit mittelbar auch die Gremien wiederholt über den Zusammenhang von Sendedatum und Buchveröffentlichung getäuscht und in einer dienstlichen Erklärung falsche Angaben gemacht hat", heißt es in einer Stellungnahme des WDR.

"Ich bin tief enttäuscht über den Vertrauensbruch", sagt WDR-Intendantin Monika Piel: "Für mich ist dadurch die Grundlage für eine Zusammenarbeit entfallen. Es muss klar sein, dass unsere journalistische Unabhängigkeit nicht verhandelbar ist und dass der WDR ein solches Fehlverhalten nicht duldet."

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12 Kommentare

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  • R
    rea.d

    Es geht nicht nur darum, ob die Salbe wirkt oder nicht. In dem Buch und dem Beitrag damals ging es ja hauptsächlich um den Vorwurf, dass die Pharmaindustrie verhindert habe, dass die Salbe auf den Markt kommt. Nun ist es aber so, dass die Zutaten von jedem Apotheker angerührt werden können - es ist also gar nicht nötig, dass die Pharmaindustrie sie auf den Markt bringt. Wenn es den Vermarktern der Salbe nur darum gegangen wäre, den Hautkranken zu helfen, hätte es gereicht, das Rezept im Internet zu posten.

  • K
    Kai

    Scheint ein ziemlich klarer Fall von Marketing, getarnt als Dokumentation, zu sein:

     

    http://www.esowatch.com/ge/index.php?title=Regividerm

     

    Die versprochene Wunderwirkung ist wohl auch nicht haltbar. Diverse Erfahrungsberichte finden sich inzwischen im Netz.

  • K
    Kai

    Der Redakteur ist wohl selbst von einer PR-Agentur gelinkt worden oder sass sogar mit im Boot:

     

    http://www.esowatch.com/ge/index.php?title=Regividerm

  • S
    Schneider

    Ich habe den sachlichen Beitrag im TV gesehen.

     

    Journalist Martens abserviert durch die teuerste Pharmaindustrie Deutschlands?

  • W
    Wayne

    In einschlägigen Foren habe ich bisher keine postiven Erfahrungsberichte bezüglich dieser Creme gelesen. Das war wohl ein ordentlicher Schuss in den Ofen.

  • W
    Wilhelm

    Dazu gibt es einen sehr aufschlußreichen Zapp-Bericht auf ndr.de/zapp vom 28.10.2009

     

    Thomas Schwennesen vom Deutschen Neurodermitis Bund meint dazu: „Für uns stellt es sich jetzt so dar, dass jetzt nach dem Film die Hoffnung der Betroffenen geweckt wurden und was bleibt jetzt eigentlich? Eigentlich ein Medizinprodukt zweiter Klasse ohne Nebenwirkungen, was eventuell kosmetisch wirkt, würde ich mal sagen. Eigentlich ist der Betroffene der Dumme wieder mal und er muss wieder eine Hoffnung begraben.“

     

    video: http://www3.ndr.de/flash/zapp/interactivePlayer.html?xml=zappsendung146-interactiveBroadcasts.xml&sr=zapp

    text: http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/medien_wirtschaft/salbe102.html

     

    hab ich euch toll rausgesucht, wa?

  • D
    Dolph^

    Und mal wieder outet sich die taz-Kommentar-Community als marodierende Horde enthirnter Zombies...

    Schön, dass manche Dinge einfach zuverlässig immer so bleiben wie sie eben sind!

  • M
    Matthias

    Ich dachte das ist der normale Arbeitsablauf im WDR. War da nicht mal ein "Skandal" bzgl. dem WDR-Tatort, dessen Drehbuchautor und der zuständigen Redakteurin?

    Wie dem auch sei. Die "Wundersalbe" ist ganz offensichtlich ein höchst unseriöses Produkt und daher kaufe ich mir morgen gleich einen Jahresvorrat der Markenware - Qualität hat ihren Preis. Einen Dank an die Pharmalobby, wo blieben wir aufgeklärten Konsumenten sonst nur!

  • HS
    Herrn Schmilz

    Interessant dabei ist doch hauptsächlich, dass der preisgekrönte Dokumentarfilmer über die sehr konstruiert wirkende Tatsache "unangekündigte zeitnahe Buchveröffentlichung" gestolpert zu sein scheint.

     

    Von falschen Angaben, fehlerhafter Recherche, Pfusch bei Studien zur Salbenwirkung oder gar medizinischer Salbaderei ist auffällig nicht die Rede.

     

    Jedes Arzneimittel ist vor seiner Zulassung "zweifelhaft", warum soll das auf billige Salben von Aussenseitern weniger zutreffen als auf neugestylte Geldscheffel-Drogen der nassforschen Industrie?

     

    Da hat wohl eine massgebliche Pharmalobbygrösse zum Drink im Golfclub den zuständigen Entscheider beim Fernsehen eindringlich auf den Umfang des Werbeetats hingewiesen.

     

    Zu den riesigen Nebenwirkungen sehen sie bitte in der Spalte "Krankenversicherungsbeitrag" auf ihre Lohn- und Gehaltsabrechnung ...

  • TF
    Thomas Fluhr

    Lobby sei dank wurde solch ein Fehlverhalten aufgedeckt. Danke!

  • M
    micha

    Das mit dem Buch - geschenkt. Aber was ist nun mit der Salbe. Taugt die was?

  • E
    ernesto

    Ich denke die Hauptsache ist doch Funktioniert die Creme oder nicht?

    Das jemand der gegen die Pharma Industrie wetter abgesegt wird erlebt man nicht das erste mal.