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WohnungsnotLeerstand in hipper Lage

Hauseigentümer lässt im Schanzenviertel mehrere Wohnungen seit Jahren leer stehen. Mieter helfen Mietern erstattet Anzeige bei den Bezirksämtern.

Begehrtes Viertel, leere Wohnungen: Die Schanze. Bild: dpa

Kaum zu glauben: Mitten auf der hippen Schanze lässt der Immobilienbesitzer Ernst-August Landschulze Wohnungen leer stehen - und das schon seit Jahren. Der Verein Mieter helfen Mietern (MhM) hat nun bei den Bezirksämtern Hamburg-Mitte und Altona Anzeige wegen Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum gestellt.

Charlotte Schmidt (Name von der Redaktion geändert) hat genug. Seit Jahren guckt die 47-Jährige mit an, wie in ihrem Eckhaus Juliusstraße/Schulterblatt in bester Lage gar nichts passiert. "Ab und zu kommen mal ein paar Handwerker vorbei, um den Anschein zu erwecken, es passiert etwas", sagt die alleinerziehende Mutter.

2003 hatte Landschulze das Haus von dem Spekulanten Hassan Kodas gekauft. "Auch er ließ das Haus vor sich hingammeln und machte gar nichts", sagt Schmidt. "Im Jahr 2004 hatten wir Hausbewohner die Sorge, dass das Haus einen weiteren Winter nicht überstehen würde", sie. Das Bezirksamt Mitte ordnete auf Klage der Mieter die Instandsetzung an, mit so genannten Bordmitteln verrichteten die Mieter zunächst kleine Sanierungsarbeiten selbst. Von außen her ließ Landschulze zwar mittlerweile die Haushälfte, die im 2. Weltkrieg der "Operation Gomorrha" - dem Bombardement Hamburgs durch die Alliierten - zum Opfer gefallen war, wieder aufbauen, lässt die Wohnungen seit vier Jahren aber leer stehen. "Er klagte alle Mieter bis auf mich mit den fiesesten Tricks heraus", sagt Schmidt.

Ähnlich sieht es in Landschulzes Häusern in der Susannenstraße 6 und 7, wo ein ganzes Hinterhaus leer steht, oder Beim Grünen Jäger aus. Was der Eigentümer mit dem Leerstand bezweckt, darüber kann MhM-Jurist Marc Meyer nur spekulieren. "Es entbehrt einer gewissen Rationalität", sagt er. Entweder könne Landschulze aus seinen anderen Immobilien so viel Rendite abschöpfen, dass er auch die Mieteinnahmen nicht angewiesen sei, oder er verfolge langfristigere nicht durchschaubare Spekulationsinteressen.

Eine Stellungnahme Landschulzes über seine Immobilienverwaltung war am Montag nicht zu bekommen. "Die Anzeige von Mieter helfen Mietern ist eingegangen", sagt Lars Schmidt vom Bezirksamt Mitte. Nun werde sich jemand das Haus Beim Grünen Jäger genauestens anschauen. Erst dann ginge der Countdown los. "Ein halbes Jahr Leerstand darf sein", sagt Schmidt. "Wir wussten davon bis heute nichts." Wenn es Anzeichen für Leerstand gäbe, werde Landschulze in einem halben Jahr schriftlich aufgefordert, diesen zu beenden, so Schmidt.

Auch der Bezirk Altona ist alarmiert. Das Haus Susannenstraße 43 solle laut Landschulze bis Ende des Jahres vermietet werden, sagt die Sprecherin des Bezirks Altona, Kersten Godenschwege. "Das müssen wir abwarten."

Im Haus von Charlotte Schmidt hat das Bezirksamt zurzeit wenig Handhabe, die Instandsetzung der Wohnungen voranzutreiben. Landschulze habe einen Bauantrag gestellt, sagt Godenschwege. "Wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass ein Jahr ununterbrochen nicht gearbeitet wurde, sind uns die Hände gebunden."

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3 Kommentare

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  • TS
    Thorsten Specht

    meine frau und ich sind seit über 5 jahren mieter von diesem Herren Landschulze. 1 monat nach unserem einzug stellten wir fest das der fussboden im schlafzimmer total von schimmel befallen war.

    trotz mehrfacher aufforderung, diesen zu beseitigen ist bis heute nichts passiert

     

    Leerstand: wir wissen das die wohnung im nebenhaus (Landschulze) eine wohnung nachweislich seit 12 jahren leer steht und auf dem nachbargrundstück (auch landschulze) steht eine wohnung nachweislich seit über 6 jahren leer. wir wissen das viele unserer nachbarn auch unter erheblichen mängel durch schimmelbildung leiden.des weiteren ist uns bekannt das Landschulze teilweise seine Mieter zu vergünstigten konditionen wohnen lässt wenn sie diverse schwarzarbeiten für ihn erledigen !!diese aussage würde ich jederzeit vor gericht bestätigen

  • L
    Lars

    Miete verweigern, Kündigung ins Klo - Häuser besetzen sowieso!

  • IG
    Immo G. von Eitzen

    Die Stadt geht in dieser Hinsicht ja längst als schlechtes Beispiel voran, schließlich läßt sie seit Jahren dutzende im staatsbesitz befindliche Häuser und Wohnungen in Moorburg und vor allem im Alten Land leerstehen und geziehlt verfallen, teilweise bis zum Abriss aus baupolizeilichen Gründen.

    Das sich einige Immobilienunternehmer dieses Handeln der öffentlichen Hand jetzt offenbar zum vorbild nehmen, ist nicht wirklich überraschend.