Preisschwankungen bei Lebensmitteln: "Wir brauchen Regeln für Spekulanten"

Michael Windfuhr von "Brot für die Welt" fordert, mit einem Kapitalfonds und stärkerer Regulierung von Spekulation Preisschwankungen am Agrarrohstoffmarkt entgegenzuwirken.

Die Getreide-Spekulanten sollten zukünftig kleinere Brötchen backen, fordert Michael Windfuhr von "Brot für die Welt". Bild: dpa

taz: Herr Windfuhr, der Agrarökonom Joachim von Braun schlägt vor, dass die wichtigsten Getreideexportländer mit einem Kapitalfonds zu starke Preisschwankungen verhindern sollen. Was halten Sie von dieser Idee?

Michael Windfuhr: Das ist schon ein sehr kluger Vorschlag. Er zielt darauf ab, Geld zur Verfügung zu stellen, um den Spekulanten zu drohen: Wenn ihr die Preise nach oben treibt, können wir sie auch wieder drücken, indem wir Terminkontrakte auf Getreide verkaufen. Dann würde sich die Spekulation nicht mehr lohnen. Allein die Ankündigung soll die größten Preisschwankungen begrenzen.

Der Fonds könnte 20 bis 30 Milliarden Dollar kosten. Warum ist diese große Investition denn nötig?

49 Jahre, ist Menschenrechtsexperte der Entwicklungsorganisation "Brot für die Welt". Sie wird von den evangelischen Landes- und Freikirchen in Deutschland getragen.

Im August gab es wieder starke Ausschläge beim Getreidepreis, die nicht nur durch schlechte Ernten bedingt sind. Die Ursache ist auch, dass sich sehr viel spekulatives Kapital nach der Finanzkrise nun auf den Rohstoffmärkten tummelt. Die Spekulation trägt dazu bei, dass Lebensmittel teurer werden und viele Menschen in Entwicklungsländern nicht mehr ihre Ernährung bezahlen können.

Reicht ein Fonds aus, um die Spekulation mit Lebensmitteln zu zügeln?

Wir brauchen auch Regeln dazu, in welchem Umfang jemand in einem bestimmten Zeitraum auf den Agrarrohstoffmärkten spekulieren darf. Mittlerweile übersteigt die Menge der gehandelten Rohstoffe die der tatsächlich existierenden extrem stark. Das muss sich ändern.

Muss die Landwirtschaft weltweit ihre Produktion steigern, um Hunger zu verhindern?

Ja, aber das darf nicht heißen, die Agrarproduktion immer weiter zu intensivieren mit immer mehr Pflanzenschutzmitteln. Dort, wo die Böden fruchtbar sind und das Klima günstig ist, produzieren wir eh schon mit dem Maximum an Chemikalien. Die ökologischen Schäden dieser agrarindustriellen Produktion sind oft groß: Der Boden erodiert und versalzt. Die meisten Hungernden sind Kleinbauern in Entwicklungsländern. Deshalb sollte ihnen geholfen werden, auf nachhaltige Weise mehr zu produzieren.

Auch durch Gentechnik?

Ich halte die Gentechnik bei der Hungerproblematik für irrelevant. Die meisten gentechnisch veränderten Pflanzen sind ja gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel resistent. Die versprochenen Pflanzen, die in trockenen Regionen wachsen, die gibt es noch gar nicht.

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