KOMMENTAR MERKEL VS NEUE RECHTSPARTEI: Der Kompass der Kanzlerin

Merkel verteidigt die bundesdeutsche Staatsräson. Genau das kann und muss man von einer Bundeskanzlerin, egal welcher Partei, erwarten.

Angela Merkel, klagen Rechte in der Union, lässt das Konservative in der Partei verkommen. Der zu Helmut Kohls Zeiten offenbar in leuchtenden Farben blühende weltanschauliche Garten ist demnach unter Merkel zu einer trostlosen Monokultur verkommen. Deshalb erhebt sich am rechten Rand der Union mächtiges Gemurmel. Und stets wird dann mit einer neuen Rechtspartei gedroht, die die gerechte Strafe für Merkels Meinungsdiktatur sein wird.

Die Debatte über die Rechtspartei hat indes keine Grundlage. Es gibt weder Figuren, die diese Partei glaubhaft repräsentieren könnten, noch, und das ist wichtiger, ein Thema, aus dem sie Schwung und Identität beziehen könnte. Das Gemurre mag anschwellen - aber es bleibt diffus. Manche Konservative wollen mehr Familienwerte und mehr Nähe zu den Kirchen, (die stetig leerer werden), andere noch längere Laufzeiten für AKWs (die sowieso unpopulär sind), wieder andere populistische Töne in der Migrationspolitik.

Vor allem aber ist die Kritik an Merkels politischen Interventionen vorgestrig. Merkel hat den Rauswurf von Martin Hohmann unterstützt, der die Juden im Konjunktiv Tätervolk nannte. Sie hat, was ihr rechte Unionspolitiker krummnahmen, den (deutschen) Papst kritisiert, der sich nicht von einem Holocaust-Leugner distanzieren wollte. Sie hat Thilo Sarrazin kritisiert, der meinte, seine kruden Ideen mit Thesen über ein Juden-Gen stützen zu müssen. Und nun ganz sanft Erika Steinbach, die glaubt, sich in der Frage nach Hitlers Kriegsschuld ein Hintertürchen offenhalten zu können.

Merkels Interventionen folgen einem präzisen inneren Kompass. Sie richten sich gegen Relativierungen deutscher Schuld, mögen sie kokett oder ernst gemeint sein. Sie verteidigt die bundesdeutsche Staatsräson. Genau das kann und muss man von einer Bundeskanzlerin, egal welcher Partei, erwarten. Dass Konservative in der Union damit 2010 ein Problem haben, zeigt ihre Schwäche, nicht ihre Macht.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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