Kommentar Terrorwarnungen: Terror lässt sich nicht wegbomben

Die Drohnenangriffe bewegen sich außerhalb des Völkerrechts. Und wenn Terrorbekämpfer selbst zu Terrormethoden greifen, büßen sie ihre Glaubwürdigkeit ein.

Sind die Menschen in Deutschland jetzt vor Anschlägen sicherer, weil eine US-Drohne im unkontrollierten pakistanischen Stammesgebiet mutmaßliche deutsche Islamisten tötete, die womöglich hierzulande Anschläge planten? Und ist es nicht sowieso besser, mit diesen erklärten Feinden unserer demokratischen Rechts- und Werteordnung dort kurzen Prozess zu machen, als womöglich zu Opfern ihrer Aktivitäten hier zu werden? Die Antwort ist: nein.

Vielleicht wird ein Anschlag in Deutschland, so er denn geplant war, durch eine gezielte Tötung in Pakistan verschoben. Auch mag im Einzelfall ein Attentat durch die Exekution der mutmaßlichen Terroristen sogar ganz verhindert werden. Bei Gefahr im Verzug wäre so ein Angriff sogar rechtens. Doch unerklärte und unkontrollierte Drohnenangriffe, die für die Bevölkerung im Zielgebiet nichts anderes als Terror von oben darstellen, beseitigen die Gefahr des islamistischen Terrors nicht. Vielmehr schüren sie neuen Hass und und schaffen neue Attentäter.

Solche Angriffe unterminieren und schwächen das, was sie zu schützen vorgeben. Denn die von den USA offiziell nicht bestätigten und von Pakistans Regierung und Militär zwar offiziell kritisierten, aber de facto geduldeten, wenn nicht gar begrüßten Drohnenangriffe bewegen sich außerhalb des Völkerrechts. Wenn Terrorbekämpfer selbst zu Terrormethoden greifen, verlieren sie nicht nur ihre Rechtsgrundlage, sondern sie büßen auch ihre Glaubwürdigkeit ein.

Wenn es stimmt, dass die Zahl der in pakistanischen Terrorcamps militärisch ausgebildeten deutschen Islamisten wie auch die der Rückkehrer nach Deutschland zugenommen hat, so ist das in erster Linie ein Problem für Geheimdienste, Polizei und Justiz. Der Aufenthalt in einem Terrortrainingscamp ist inzwischen zu Recht strafbar. Rechtsstaaten müssen sich rechtsstaatlich und völkerrechtskonform verteidigen. Das ist meist mühsamer, als mit illegalen Methoden "kurzen Prozess" zu machen, aber die einzige Möglichkeit, Menschenleben, auch deutsche, nachhaltig zu schützen.

Gerade in einem Land wie Pakistan gilt der Westen, der stets Demokratie predigte, aber alle bisherigen Militärherrscher der Landes bewaffnete und finanzierte, als äußerst unglaubwürdig. Drohnen bomben ebenso wenig Vertrauen herbei, wie sie den Terror bekämpfen.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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