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Deutsche Bahn auf FacebookChef-Ticket? Anfänger-Ticket!

So mancher Kunde meint, im Bereich der Kommunikation könne sich die Deutsche Bahn nur verbessern. Dass das nicht stimmt, beweist das Unternehmen derzeit auf Facebook.

Und jetzt: Reklame! Bild: taz screenshot

Die neueste Idee der Deutschen Bahn klingt seltsam, aber zumindest professionell: "Chef-Ticket". Im Online-Netzwerk Facebook bewirbt das Unternehmen seit Montag sein jüngstes Angebot.

25 Euro soll eine einfache Fahrt in ganz Deutschland in der zweiten Klasse kosten, sofern zwischen dem 25. Oktober und 7. November gebucht und zwischen dem 1. November und dem 15. Dezember gereist wird. Das von der Frankfurter Agentur Ogilvy lancierte Angebot umfasst neben der Facebook-Seite auch einen gut einminütigen Youtube-Film, der das Angebot erklären soll, aber ein wenig bizarr ausfällt

Keine Voraussetzung, aber mit praktischem Nutzen für den Ticket-Kauf vebunden, ist, dass der Reisende ein "Fan" der "Chefticket"-Seite auf Facebook wird. Knapp 8.000 Facebook-Nutzer drückten dafür bisher auf den Button "Gefällt mir". Nicht wenige von ihnen wollen von der Bahn allerdings mehr als nur das "Chef-Ticket", nämlich Kommunikation.

Vor allem aber wollen viele auf dem Umweg über Facebook endlich mal ihren Ärger über die Bahn loswerden - wegen Verspätungen, defekter Technik, Stuttgart 21, eigentlich über alles, was schon immer mal gesagt werden wollte. Und Ogilvy gibt ihnen die Möglichkeit, indem jeder auf der Facebook-Seite alles veröffentlichen kann.

Schnell wurde klar, dass die Agentur mit dem Ansturm nicht gerechnet und ihm nur wenig entgegenzusetzen hat. Moderation bleibt weitgehend aus, mit wenigen, hilflosen und sehr defensiven Kommentaren versucht man den Schaden zu begrenzen. Dabei werden immer wieder von den Nutzern gestellte Fragen übersehen und nicht beantwortet.

Kurz gesagt: Mit dem wenig souveränen Auftritt liefert die Deutsche Bahn nach nur wenigen Stunden all jenen Kritikern neues Material, die schon länger die mangelnde Kommunikation als großes Manko des Unternehmens bezeichnen. Eine klare Strategie zum Umgang mit Social Media scheint zu fehlen, unklar bleibt, ob das an der beauftragten Agentur oder an der Bahn selbst liegt.

Dass es an der Bahn liegen könnte, darauf deutet eine andere Facebook-Seite des Unternehmens hin. Jochen Hencke merkt +typepad%2FlkIz+%28PR+Blogger%29:im Blog des PR Bloggers Klaus Eck dazu süffisant an: "Eine allgemeine Facebook-Seite der Bahn gibt es auch. Aber ob die echt ist, ist stark zu bezweifeln. Obwohl, nach dem heutigen Fehlstart der Deutschen Bahn ist eigentlich alles möglich."

Auch auf jener Seite kann jeder alles veröffentlichen und so hat sich im Lauf der Zeit neben Fragen, Freundlichkeiten, sachlichen Beiträgen auch unendlich viel Kritik angesammelt. Im Unterschied zur Facebook-"Chefticket"-Seite, wo zumindest ein wenig moderiert und mitkommentiert wird, reagiert hier schlicht niemand auf Anregungen, Fragen und Kritik.

Die neue "Chef-Ticket"-Seite zeigt die Schwäche des Unternehmens im Umgang mit Social Media ein weiteres Mal deutlich auf. Und bietet dennoch eine Chance: Dass es so nicht weitergehen kann, sollte die Bahn nun begriffen haben.

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11 Kommentare

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  • CJ
    Christian J. Papay

    Dieser Beitrag ist weder differenziert geschrieben, noch gut recherchiert.

     

    Für die Deutsche Bahn sowie für jedes andere Unternehmen ist es strategisch wichtig, in sozialen Netzwerken und somit auch auf Facebook pro-aktive Präsenz zu zeigen. In Deutschland sind mittlerweile an die 13 Millionen Menschen in Facebook angemeldet. Nimmt der Trend einen ähnlichen Verlauf wie in den anderen Europäischen Staaten oder den Vereinigen Staaten, so werden bald mehr Menschen direkt erreichbar sein als z. B. durch Radio und Fernsehen.

    Von daher liegt die DB AG mit Ihrer Entscheidung richtig, am Trend teilzunehmen (Übrigens tun das andere konservative Unternehmen, die sich nicht an den Endkunden orientieren auch, siehe z. B. die BASF SE).

     

    Über den Geschmack und die Auswahl, wie man in die Welt der sozialen Netzwerke gestartet ist, darf sicherlich kontrovers diskutiert werden, allerdings glaube ich nicht, dass sich eine internationale Agentur wie Ogilvy ohne Berechnung in ein solches Unterfangen stürzt. Eines wurde nämlich erreicht, was sicherlich auch in der ein oder anderen Weise gewünscht war: Medienpräsenz (Guerilla-Marketing/Virales Marketing). Im übrigen wurde nicht daran gedacht zu recherchieren, ob der Facebook-Auftritt oder nur der Werbefilm von der Agentur stammt oder zumindest nicht eindeutig im Text geschrieben.

     

    Weiter hätte man mit etwas mehr Engagement die zweite erwähnte Seite als nicht der Bahn zugehörige einordnen und nicht nur vermuten können, da eine der mit der Seite verbundenen Favoriten-Seiten wie folgt lautet:"Josefine Fips".

     

    Nicht nur Unternehmen tappen in die Fallen des Web 2.0 sondern auch die Autoren, Redakteure und Schriftsteller. Ein Beitrag in einem Blog oder auf einer Online-Seite ist schnell veröffentlicht, was allerdings nicht mit dem Aufwand der Recherche einhergehen sollte!

     

    CJP

  • RR
    ronja r.

    Der wenig intelligente Aktionismus, dass man sich einbildet, man müsste jeden unsinnigen Trend nachmachen, wundert micht bei der Bahn kein bißchen. ("Wow, Facebook ist ja so in, wir sollten dem alle wie Lemminge hinterherrennen")

     

    Mich wundert eher, warum die Möchtegern-Kreativen der Werbeagentur der Bahn nicht vorgeschlagen haben, das Produkt "german executive super saver ticket" zu nennen! Gerade bei den Managern der Bahn, findet man doch immer einen Narr, der es total funky findet, Produkte mit wirren Anglizismen einen möglichst dümmlichen Namen zu geben.

     

    So und jetzt werd ich mal bei der "German Bahn" am "Service Point" nach dem nächsten "Kiss & Ride" fragen...

  • G
    gevee

    Hm,

    bei uns im Unternehmen überlegt man sich auch, evtl. mehr soziale Netzwerke zu nutzen, und hat grosse Angst vor negativer Kritik. Aber: ein Unternehmen sollte, wenn man davon ausgeht, dass es gute Dienstleistungen erbringen will, froh sein, dass die Empfänger von Dienstleistungen Ihre Kritik abgeben. Man sieht doch dann seine Schwachstellen und kann seinen Service verbessern. Solange dies geschieht, eine tolle Sache für beide. Deshalb: weiter so, liebe Bahn, lernt daraus, verbessert Euren Service und macht weiter so.

  • P
    Paul

    Beim Lesen (zugegeben, überfliegen) des Artikels blieb mir eins allerdings unklar: Was sagt das "Chef" im Namen eigentlich aus?

     

    Muss man einen eigenen Betrieb haben, Untergebene haben, Vorstandsvorsitzender sein?

  • MS
    Maik Söhler

    @E. Benda: Man muss kein "Fan" sein. Ist nun im Artikel korrigiert, nachdem die Bahn die Information bestätigt hat. Danke für den Hinweis.

  • D
    dba

    "Chefticket"... nicht mal ich als Angestellte fahre zweite Klasse. Und dafür noch bei Petzbuch die Hosen runterlassen, wo der normale Sparpreis in der 2. (auf den von mir genutzten Strecken) auch nur ein paar Ocken mehr kostet, mit Bahncard sogar noch weniger?

     

    Ach ja: Schon wieder das selbe Spamvermeidungswort. Wollt ihr nicht mal eine Tüte neue Wörter kaufen? ;-)

  • AH
    Achim Hohlfeld

    Kein Mensch fährt von A nach B. Man fährt immer von V(orort) nach A, von dort nach B und weiter nach Z(ielort). Diese einfache Wahrheit ist bei der DB in Vergessenheit geraten, weshalb immer noch und nur Hochgeschwindigkeitsverbindungen gebaut oder optimiert werden, die A mit B verbinden. Aber wehe, man will wirklich Bahn-Reisen! Ohne Autozubringer zum Hauptbahnhof in A und Autoabholer am Hauptbahnhof von B ist man weitgehend aufgeschmissen oder verliert den durch die Hochgeschwindigkeitszüge realisierten Zeitvorsprung (vor was eigentlich?) durch lange Wartezeiten, ausgedünnten und langsamen Regionalverkehr. Vernetzung lautet das Gebot der Stunde, und der Grad der Beschleunigung, anhand der Gesamtreisedauer ermittelt, zeigt die Leistungsfähigkeit eines Eisenbahnnetzes. Nicht, wieviel Milliarden investiert werden, um einen funktionsfähigen Bahnhof durch einen anderen, weniger funktionsfähigen zu ersetzen.

  • FS
    Fabian Stadler

    Dazu nur: "Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein"

     

    http://blogs.taz.de/hausblog/2010/10/18/tazde_wurde_manipuliert/

     

    Pure Ironie: Alle Kommentare werden geprüft, aber eine manipulierte Umfrage kommt dann doch durch.

    Und dann auch noch "Schwäche [der Bahn] im Umgang mit Social Media" beklagen, ja ne...

     

     

    PS: Schon klar, bei der Bahn würde man sowas gar nicht erst erfahren, besonders nicht im Hausblog ;)

  • EB
    E. Benda

    Die taz schreibt:

    >>Eine weitere Voraussetzung für den Ticket-Kauf: Der Reisende muss zuvor ein "Fan" der "Chefticket"-Seite auf Facebook geworden sein.>Wer in den Genuss des speziellen Angebots kommen möchte, muss nicht zwingend bei Facebook angemeldet sein. Das spezielle Angebot soll auch für Nichtmitglieder verfügbar sein. Diese würden dann auf das Angebot der deutschen Bahn weitergeleitet.

  • F
    Franz

    Die Bahn sollte weniger in Kommunikation und mehr in Transport investieren.

    Es ist und bleibt ein Staatskonzern der einen einfachen Service den Bürgern bereitstellen soll: schnell / günstig von A nach B kommen.

  • F
    Florian

    Dieser Beitrag bringt es auf den Punkt. Finde ich sehr gut!