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"Banksy - Exit through the Gift Shop"Masche zu Masche, Geld zu Geld

Der Film "Banksy - Exit Through the Gift Shop" hält eine ironische Grabrede auf die durchkapitalisierte Kunstbranche.

Wo genau endet hier die absurde Realität des Kunstmarkts, wo beginnt das mockumentary? Bild: dpa

Das ist die moderne Kunsterfahrung: Man kauft Ausstellungstickets zu überhöhten Preisen, spaziert in vornehmer Langeweile an alarmgesicherten Meisterwerken vorbei - anschließend Abgang durch den Museumsshop. Masche zu Masche, Geld zu Geld: Die ironische Grabrede, die der Film "Banksy - Exit Through the Gift Shop" nun auf die durchkapitalisierte Kunstbranche hält, ist der ideologische Hintergrund, vor dem er die Utopien und Abgründe der Street Art analysiert. Der Underground-Guerilla-Künstler, der bei Nacht und Nebel mit erheblichem technischem Aufwand ihre Graffiti, Sticker und Schauobjekte an unwahrscheinlichen Orten anbringen, porträtiert sich hier selbst.

Die heroische Zeit der Street Art ist allerdings vorbei. Auch davon erzählt "Banksy - Exit through the Gift Shop": Der anonym agierende Künstler Banksy, bekannt für seine inzwischen zu erstklassigen Preisen gehandelten politischen Schablonengraffiti, hat sein Spektrum erweitert und einen Film inszeniert, der ganz unangestrengt anmutet - aber deutlich raffinierter verfährt, als sein Understatement vermuten lässt. Der Regisseur schlägt nämlich einen überraschenden Haken: Nach einer konventionellen, aber plastischen Einführung zu den Methoden der illegalen Stadtdekorateure stellt er einen offenbar minderbegabten Videokünstler namens Thierry Guetta ins Zentrum, der davon träumt, selbst zum Kunststar aufzusteigen. Banksy gibt seinem größenwahnsinnigen Freund noch ein paar Tipps mit auf den Weg, dann ist er froh, ihn los zu sein. Aber Guetta gelingt Unfassbares: Er stellt 2008 in wenigen Wochen eine gigantische Street-Art-Show in Los Angeles auf die Beine, die ihn zum Medienstar und Ersatz-Warhol macht.

Kann man glauben, dass dies nicht bloß ein groß angelegter Banksy-Hoax sei? Eher nicht, schon weil Guetta die Rolle der komischen Filmfigur so perfekt spielt - und weil sich ernstlich die Frage stellt, wer denn eigentlich den ganzen zweiten Teil des Films gedreht haben soll. Der vermummte Banksy hat zur Halbzeit mit verzerrter Stimme bekannt gegeben, dass er Guettas Karriere auch aus Desinteresse nicht mitverfolgt habe. Wer also dann? Wo genau endet hier die absurde Realität des Kunstmarkts, wo beginnt das mockumentary? Aber in dieser Frage liegt auch die Faszination dieses bauernschlauen Films; der Winkelzugführer Banksy ist seinen Interessenten stets ein paar Schritte voraus. So weitet sich sein um drei Ecken gedachtes Straßenspektakel zur multiperspektivischen Bestandsaufnahme eines Kunstschlussverkaufs.

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7 Kommentare

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  • M
    Metamade

    Noch nie habe ich einen subversiveren Film gesehen!

  • J
    Johannes

    Das Wesen der Kunst liegt im Detail und ihrer Ausführung im Abgleich zu ihrem Existenz-Raum und der Lebenszeit die der Künstler investiert. Wenn in dieser Trias für den Betrachter irgendetwas nicht "Richtig" erscheint muß darüber gestritten werden ob der Begriff Kunst angebracht erscheint. Diese Message konnte ich für mich aus dem Streifen ziehen. Eine hervorragende "Doku" über eine hervorragende "Kunstform" in einer hervorragend verrückten Gesellschaft.

  • SB
    Salvatore Biknackso

    @ frankAB:

    Ich gebe zu bedenken, was für Produktionsmittel überhaupt benötigt werden um heutzutage sog. "grosse Kunst" zu machen. Man vergleiche doch mal wieviel -sagen wir mal- Malewitsch für seine Produktion ausgegeben hat und was für eine Millionen-Dollar Industrie hinter Künstlern steht, die so einen Output haben wie Banksy. Was man alles lostreten, locker machen und auf wen und was man sich so einlassen muss, um als kleiner Künstler mit geringen Budget da mithalten zu können, ist nicht eben unerheblich.

    Klar man könnte jetzt sagen, gut dass es einer geschafft hat in diesem Kontext engagierten oder kritischen Inhalten zum Durchbruch zu verhelfen. Aber das haben Bennetton oder Madonna oder irgendwelche Unternehmen die plötzlich ihre ökologische oder soziale Ader entdeckten ja auch schon in den 1980er gemacht und es blieb weitgehend folgenlos (für besagte "Causes"). Kein Wuder. Denn andersherum gedacht integrieren sich hier das Widerständige und das Kritische in den Duktus der kapitalistischen Marktwirtschaft und müssen deshalb scheitern: Gerade die kritische Kunst verhilft dem Kapitalismus zu mehr Glaubwürdigkeit und einer breiteren gesellschaftlichen Akzeptanz. Hierbei gilt der Grundsatz, je aufgeblähter die ganze künstlerische Unternehmung, umso inflationärer die Glaubwürdigkeit. Und wie FETT ist bitte Banksy im Geschäft? Aber es geht gar nicht um ihn, sondern um das ganze System, dem man mal gehörig die Luft herauslassen sollte. Dann müsste sich Robin Gunningham auch diesen Vorwurf nicht gefallen lassen.

  • F
    frankAB

    Also seine Werke sind genial und das bereits seit Jahren. Das die Reisen, Farben usw. viel Geld kosten ist auch klar. Weshalb sollte er sich dann nicht vermarkten, wenn solche Deppen wie der Mr. Brainwash das auch können und als Künstler gefeiert werden? Selbstlosigkeit ist zwar nice to have, aber heute nicht ausreichend um zu überleben!

  • D
    daweed

    genialer Streifen.

     

    Es geht eigentlich um die Geschichte von Stencil und Streetart.

    Mit den echten Künstlern der Szene.

     

    Der zweite "Teil" zeigt aber dann wie schnell man auch zum Sell-out Künstler wird.

     

     

    Leute geht in die Kinos! Der Film ist witzig, kurzweilig und entlarvend.

  • E
    ele

    habe den film gesehen.

    sehr interessant.

    banksi ist einfach super.

    nein, er ist einer meiner lieblingskünstler!

  • SB
    Salvatore Biknackso

    Banksy ist ein scheinheiliger Selbstvermarkter. Seine angebliche Kritik am Kunstsystem hält dem eigenen Voluntarismus kaum stand. Leider ist der Artikel hierzu etwas zu oberflächlich, gar schablonenhaft geraten. Höhö!