Bremer Abgeordnete Cakici über die Linkspartei: "Ich hätte längst austreten müssen"

Nach Medienberichten über die Verhaftung ihres Bruders verlässt die Bremer Bürgerschafts-Abgeordnete Sirvan Cakici die Linkspartei.

Nicht mehr bei der Linken: die Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Sirvan Cakici. Bild: Nikolai Wolff/Fotoetage

taz: Frau Cakici, wenige Monate vor Ende der Legislaturperiode kehren Sie der Bremer Linkspartei den Rücken. Weshalb?

Sirvan Cakici: Ich hätte schon längst dort austreten müssen. Jetzt war ich mir diesen Schritt schuldig.

Am Wochenende machte ein Bremer Anzeigenblatt bekannt, dass Ihr Bruder Ende Oktober vorübergehend in Haft genommen wurde. Hat dies mit Ihrem Rücktritt zu tun?

30, war bis Montag Linkspartei-Abgeordnete und ist Vorstandsmitglied der Bremischen Bürgerschaft. In der Fraktion war sie Sprecherin für Kinder und Jugend, Migration, Sport und Familie.

Im selben Atemzug hat man mich auch mit der PKK in Zusammenhang gebracht und gleich noch ein altes Ermittlungsverfahren gegen mich wieder aufgewärmt. Diese Art der Berichterstattung ist Rufmord und ich lasse juristische Schritte prüfen. So etwas bin ich aber von Seiten der Medien gewohnt. Viel schwerer wiegt, dass mir anonyme Anrufer gedroht haben, die Verhaftung meines Bruder zu veröffentlichen, wenn ich mein Mandat nicht niederlege.

Das klingt, als ob Sie glauben, dass dahinter Teile Ihrer eigenen Partei stecken?

Das würde ich offen lassen.

Das klingt nach einem sehr belasteten Verhältnis. Wie würden Sie denn den Umgang zwischen Ihnen und der Partei beschreiben?

Zu den Kollegen in der Fraktion habe ich ein vertrauensvolles Verhältnis. Für Teile der Partei gilt das nicht. Von dort aus hat es seit Beginn der Legislaturperiode immer wieder Angriffe gegen mich gegeben. Vor meiner Kandidatur Ende 2006 war ich nicht in der Partei aktiv.

Die Verhaftung ihres Bruders, der bei der Staatsanwaltschaft als "Intensivtäter" geführt wird, liegt drei Wochen zurück. Es ging um Verdunklungsgefahr, doch die wurde ausgeräumt, inzwischen ist er wieder auf freiem Fuß. Warum haben Sie dies nicht einfach selbst öffentlich gemacht?

Mein Bruder ist mehrfach vorbestraft und ich verurteile das, was er tut, scharf. Das habe ich nie verheimlicht. Als 2007 Ermittlungsverfahren gegen ihn eröffnet wurden, habe ich darüber sofort den Innensenator informiert. Meine Mitgliedschaft in der parlamentarischen Kontrollkommission für Polizei und Geheimdienste habe ich freiwillig niedergelegt. Im Rechtsausschuss habe ich nie aktiv Funktionen wahrgenommen.

Gleichwohl leben Sie mit Ihrem Bruder im selben Haus. Wäre es nicht klüger gewesen, hier Distanz zu schaffen?

Die Distanz habe ich von Beginn an durch entsprechende Statements hergestellt. Vielleicht wäre es tatsächlich klüger gewesen, auszuziehen. Aber ich will mir nicht vorschreiben lassen, ob ich als Abgeordnete mit meiner Familie zusammen wohnen darf oder nicht.

Immerhin mussten Sie deshalb mehrere Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen. Politisch lässt sich so etwas zweifellos instrumentalisieren.

Obwohl mein Bruder in einem anderen Stockwerk lebt, wurden auch meine Räume durchsucht. Ein Gericht hat festgestellt, dass dies rechtswidrig war.

Noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft aber auch gegen Sie, weil eine Frau aus Hannover Ihnen vorwarf, sie bedroht zu haben.

Die Frau hat diesen Vorwurf zurückgezogen. In den nächsten Tagen ist mit einer Entscheidung zu rechnen.

Seit langem sind Sie Anwürfen ausgesetzt, sie stünden der PKK nahe. Was sagen Sie dazu?

Ich habe nichts mit der PKK zu tun. Dafür lasse ich mich nicht instrumentalisieren. Ich sehe mich als Deutsche, als Türkin und als Kurdin. Die einzigen Organisationen, in denen ich Mitglied bin, sind der Verband türkischstämmiger Mandatsträger, die türkische Gemeinde in Deutschland und die türkisch-deutsche Plattform.

Sie sind Wirtschaftsassistentin, haben kürzlich ein Studium aufgenommen. Was wollen Sie künftig tun?

Ich werde als fraktionslose Abgeordnete in der Bürgerschaft bleiben. Was die Zukunft bringt, wird man sehen. Auf jeden Fall will ich mich weiter politisch und sozial engagieren. Die Bürgerschaftswahl 2011 ist aber definitiv kein Thema für mich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.