Kommentar zu Pflegeberufen: Unattraktive Zukunftsbranche

Die Zahl der offenen Stellen in der Pflegebranche übersteigt bei weitem die der Bewerber. Die Gründe liegen nicht nur in schlechter Bezahlung und ungesunden Schichtdiensten.

Der Pflegeberuf ist eine Zukunftsbranche. 152.000 Alten- und Krankenpfleger werden bereits in 15 Jahren in Deutschland fehlen. Mehr als 3 Millionen Menschen werden dann zu betreuen sein, Tendenz steigend. Schon heute aber übersteigt die Zahl der offenen Stellen die Zahl der Bewerber.

Dabei ist Pfleger kein komplizierter akademischer Beruf. Wohl aber einer mit Tarifverträgen für die Profipfleger und mit Mindestlöhnen für die Aushilfen. Was also macht ihn so unattraktiv, dass es zur Nachwuchsrekrutierung eines politischen Gipfels bedarf?

Ein Grund sind die mäßige Bezahlung und die ungesunden Schichtdienste. Im Gegensatz zu den Ärzten haben die Pflegekräfte, die in Heimen und Krankenhäusern die Knochenarbeit leisten, seit Jahren keine nennenswerte Lohnsteigerung erfahren.

Unter wachsendem Kostendruck haben viele Kliniken sogar Stellen abgebaut, wie immer bei den Beschäftigten mit schwacher Lobby. Das hat zu einer Arbeitsbelastung geführt, die viele Pflegerinnen und Pfleger nicht mehr hinnehmen mögen.

Vor allem aber leidet der Pflegeberuf unter seinem negativen Image. Über gelingende Pflege wird selten berichtet. Wohl aber über dehydrierte, wundgelegene Alte in Pflegeheimen und Krankenhäusern sowie über vermeintlich sadistische Pfleger, die sich vor Gericht verantworten müssen - für Arbeitsbedingungen, für die sie nichts können. Wer soll seinem Kind da noch raten, ausgerechnet eine Pflegeausbildung anzustreben?

Es braucht ein positives Pflegeleitbild, das deutlich macht, worum es in diesem Beruf tatsächlich geht: um gesellschaftliche Solidarität. Dafür braucht es mehr politische Anstrengung als einen Pflegesmalltalk beim Gesundheitsminister.

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Heike Haarhoff beschäftigt sich mit Gesundheitspolitik und Medizinthemen. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in einem Kinderheim bei Paris ab 1989 Studium der Journalistik und Politikwissenschaften an den Universitäten Dortmund und Marseille, Volontariat beim Hellweger Anzeiger in Unna. Praktika bei dpa, AFP, Westfälische Rundschau, Neue Rhein Zeitung, Lyon Figaro, Radio Monte Carlo, Midi Libre. Bei der taz ab 1995 Redakteurin für Stadtentwicklung in Hamburg, 1998 Landeskorrespondentin für Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und von 1999 bis 2010 politische Reporterin. Rechercheaufenthalte in Chile (IJP) und den USA (John McCloy Fellowship), als Stipendiatin der Fazit-Stiftung neun Monate Schülerin der Fondation Journalistes en Europe (Paris). Ausgezeichnet mit dem Journalistenpreis der Bundesarchitektenkammer (2001), dem Frans-Vink-Preis für Journalismus in Europa (2002) und dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse (2013). Derzeit Teilnehmerin am Journalistenkolleg "Tauchgänge in die Wissenschaft" der Robert Bosch Stiftung und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

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