Kohlekraftwerk Datteln: Rot-grüner Kohlekompromiss in NRW

SPD und Grüne haben im Fall des Kohlekraftwerk-Schwarzbaus im nordrhein-westfälischen Datteln entschieden: Man will sich erst im nächsten Sommer entscheiden.

Steht weiter ohne Beschluss in der Gegend: Das im Bau befindliche Kraftwerk bei Datteln. Bild: dpa

ESSEN taz | SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen vertagen ihren Streit über die Fertigstellung des als "Schwarzbau" kritisierten Steinkohlekraftwerks Datteln. Mit rot-grüner Mehrheit beschloss das für die Planung im Revier zuständige Ruhrparlament am Montag zwar, dem Kraftwerksbetreiber Eon entgegenzukommen:

Auf Druck der SPD soll versucht werden, den Bau des Steinkohleblocks per "Zielabweichungsverfahren" nachträglich zu legalisieren. Allerdings setzten die Grünen durch, dass zuvor Rechtsgutachten eingeholt werden. Deren einziges Ziel ist zu klären, ob ein "Zielabweichungsverfahren" überhaupt rechtmäßig ist.

Eon sorgt mit seinem Kraftwerk seit 2009 für Schlagzeilen: Das Oberverwaltungsgericht Münster urteilte, der fast fertige Bau, in den der Düsseldorfer Energieriese bereits 1,2 Milliarden Euro investiert hat, sei illegal errichtet worden. Der Dattelner Steinkohleblock verstoße gegen die gesetzlich festgelegten Grundzüge der Landesplanung, die auf klimaneutrale Energieerzeugung setzt - Eon will in Datteln jährlich 5,3 Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid emittieren.

Außerdem habe der Konzern die Rechte der Anwohner missachtet: Statt wie vorgeschrieben 1.500 Meter liegt das Kraftwerk nur 400 Meter von deren Wohnhäusern entfernt. Außerdem sei der Bauplatz nie als Kraftwerksstandort eingeplant gewesen, so die Richter. Der entsprechende Bebauungsplan der Stadt Datteln sei ungültig.

Bestätigt wurde das Urteil auch vom Bundesverwaltungsgericht. Außerdem zeigen von Eon selbst in Auftrag gegebene Gutachten, über die die taz am Samstag erstmals berichtete, dass der Bau des Kohleofens energiewirtschaftlich unnötig ist: Durch den "Atomkompromiss" der Bundesregierung werden die deutschen Stromkonzerne auch ohne Neubauten ein Stromüberangebot produzieren.

CDU und FDP im Ruhrparlament vertraten dagegen die Interessen des Eon-Konzerns: CDU-Fraktionsvize Josef Hovenjürgen verglich den von Organisationen wie dem Bund wie Umwelt und Naturschutz als "Klimakiller" kritisierten Steinkohleblock sogar mit Windkraftanlagen: Die seien ihrer "optischen Blockadewirkung" mindestens ebenso störend wie Eons Neubau mit seinem 180 Meter hohen Schornstein.

Gleichzeitig erhöhten beide Parteien ihren Druck auf die SPD. Die habe sich den Grünen gebeugt und betreibe keine "Industriepolitik" mehr. Für die rot-grüne Landesregierung könnte Datteln aber frühestens im Sommer zur Falle werden: Erst dann reicht das Ruhrparlament den Streit über das Kraftwerk zur endgültigen Entscheidung nach Düsseldorf weiter.

Nordrhein-Westfalens sozialdemokratischer Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger warnt aber schon heute: "Sehr unschön" sei, wenn "ein fast fertiges Kraftwerk in der Landschaft stehen bleibt oder zurückgebaut werden muss".

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