Europarat-Bericht über Hashim Thaci: Illegaler Organhandel vorgeworfen
Der wiedergewählte Ministerpräsident des Kosovo steht am Pranger des Europarats. Laut einem Bericht soll er am Handel mit Organen serbischer Gefangener beteiligt gewesen sein.
STRASSBURG afp | Zwei Tage nach der Wiederwahl von Kosovos Ministerpräsidenten Hashim Thaci hat der Europarat ihm Verwicklung in illegalen Organhandel vorgeworfen. In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht beschuldigte der Schweizer Europaratsabgeordneten Dick Marty Thaci und weitere frühere Führer der kosovarischen Befreiungsarmee UCK, am Handel mit den Organen serbischer Gefangener nach dem Kosovokrieg 1998-99 beteiligt gewesen zu sein.
Marty schrieb in dem Bericht von erheblichen Beweisen, dass die UCK im Norden Albaniens Serben sowie einige Kosovo-Albaner in geheimen Gefängnissen "unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt habe, bevor sie schließlich verschwanden". In einer Klinik seien Gefangenen Organe entnommen worden, die anschließend auf dem internationalen Schwarzmarkt an ausländische Kliniken verkauft worden seien.
Diese Aktivitäten seien von UCK-Führern mit Verbindung zum organisierten Verbrechen organisiert worden und würden "bis heute in anderer Form andauern", schrieb Marty. Der Abgeordnete verwies auf Ermittlungen der EU-Mission EULEX, die im Oktober in der Medicus Klinik in Pristina fünf Personen, darunter Ärzte und einen Beamten des Gesundheitsministeriums, unter dem Vorwurf des Organhandels und illegaler medizinischer Tätigkeiten festgenommen hatte.
Der frühere Schweizer Staatsanwalt Marty nannte ausdrücklich Thaci als "den Boss" der Drenica Gruppe, einer "kleinen aber unvorstellbar mächtigen Gruppe von UCK Mitgliedern", die seit 1998 die organisierte Kriminalität unter ihre Kontrolle gebracht habe. Die diplomatische und politische Unterstützung der USA und anderer westlicher Länder habe Thaci nach dem Kosovokrieg den Eindruck gegeben, "unberührbar" zu sein, schrieb Marty.
Thacis Demokratische Partei (PDK) bezeichnete am Dienstag in einer Erklärung die Vorwürfe Martys als "Lügen", die auf "unbewiesenen und erfundenen Tatsachen" beruhten. Das Ziel des Berichts sei es, die UCK und ihre Führer zu schädigen. Die Partei kündigte an, "alle möglichen und notwendigen Schritte zu unternehmen, um Martys Lügen zu begegnen, einschließlich rechtlicher Schritte".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies