Kommentar Steuerstreit: Minusgeschäft für Normalbürger

Es ist keine Paranoia, wenn man schwarz-gelbe Steuerreformen mit höchstem Misstrauen begleitet. Hinter ihnen verbirgt sich stets teure Klientelpolitik.

Auch Symbolpolitik kann verräterisch sein. Die Liberalen behaupten stolz, dass sie die Werbungskostenpauschale für die Arbeitnehmer erhöht hätten. Doch tatsächlich bringt diese "Entlastung" den meisten Beschäftigten ungefähr einen Euro im Monat - also gar nichts.

Trotzdem wiederholen die Liberalen beharrlich, sie würden sich um die "kleinen und mittleren Einkommen" kümmern. Das ist eine glatte Lüge, wie ein einfacher Vergleich zeigt: Die erhöhte Werbungskostenpauschale belastet den Staat mit ganzen 330 Millionen Euro im Jahr.

Dagegen haben allein die schwarz-gelben Steuergeschenke an die Hoteliers rund zwei Milliarden gekostet. Hinzu kam eine Reform der Unternehmenssteuern, die weitere 2,5 Milliarden an die Firmen verteilte.

Es ist also keine Paranoia, wenn man schwarz-gelbe Steuerreformen mit höchstem Misstrauen begleitet. Hinter ihnen verbirgt sich stets Klientelpolitik. Noch schlimmer: Mit der Werbungskostenpauschale ist die Steuerdebatte nicht vorbei - sie hat gerade erst begonnen.

Denn die Liberalen haben bekanntlich kein anderes Thema. Außerdem glaubt zumindest die Bundesregierung, dass die deutsche Wirtschaft rasant wachsen wird. Ein Plus von 2,3 Prozent prognostiziert sie für dieses Jahr. Da muss man doch an den Steuern schrauben!

Die Durchschnittsverdiener dürften dabei erneut verlieren. Denn viele von ihnen zahlen kaum noch Einkommensteuern, werden aber immer stärker durch die Sozialabgaben belastet.

Dieser Mechanismus ist auch bei der jetzigen Reform zu besichtigen: Bei den Werbungskosten spart man zwar, dafür steigt aber zeitgleich der Beitrag zur gesetzlichen Krankenkasse. Es handelt sich also um ein echtes Minusgeschäft.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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