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Kampagne gegen Irans Gedanken-ZensurProtest in Grün

Bereits mehr als 1.000 taz-LeserInnen protestieren gegen die Verurteilung von Panahi und Rasoulof. Aus Solidarität mit den beiden färbt taz.de die Website grün.

Vom Iran festgehalten: Panahis Platz zwischen Nina Hoss und Isabella Rossellini in der Berlinale-Jury bleibt leer. Bild: imago/Apress

BERLIN taz | Seit fünf Tagen läuft die taz-Kampagne gegen die Verurteilung der beiden iranischen Regisseure Jafar Panahi und Mohammad Rasoulof. Über tausend Leserinnen und Leser sind dem taz-Aufruf bereits gefolgt und protestieren dagegen, dass die beiden Künstler mit sechs Jahren Haft und zwanzig Jahren Berufsverbot belegt werden. Das Urteil verlangt zudem, dass die beiden Künstler in den nächsten zwei Jahrzehnten weder das Land verlassen noch mit der Presse sprechen dürfen.

Panahi und Rasoulof waren dabei, einen Film zu drehen. Etwa ein Drittel war bereits gedreht und lag im Rohschnitt vor. Die iranische Justiz wirft ihnen "Verschwörung gegen die nationale Sicherheit des Iran" und "Propaganda gegen die Islamische Republik" vor. Es ist das erste Mal in der Kino- und Mediengeschichte, dass bereits die Absicht, einen Film zu machen, als Verbrechen geahndet wird.

Der einundfünfzigjährige Panahi zählt zu den renommiertesten Filmemachern im Iran. "Der Kreis" wurde von den Internationalen Filmfestspielen von Venedig 2000 mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. 2003 ehrte das Filmfestival in Cannes seinen Film "Blutrotes Gold" mit dem Großen Preis der Jury und "Offside" erhielt 2006 den Silbernen Bären auf der Berlinale. Rasoulof erregte mit "The White Meadows" (2009) und der Dokumentation "Im Reich der Schüssel" (2007) Aufmerksamkeit.

Beide Filmemacher bekannten sich zur Oppositionsbewegung, die sich 2009 im Zuge der Wahlfälschungen durch Präsident Ahmadinedschad formierte. Die Bewegung wählte die Farbe Grün zum Symbol. Sie eignete sich damit die Nationalfarbe des Iran an, die auch im Islam eine große Rolle spielt. Und so wechselt auch die taz die Farbe in Solidarität mit Panahi und Rasoulof und färbt ihre Print- wie ihre Online-Ausgabe grün ein.

Derzeit sind die beiden Filmemacher noch auf freiem Fuß, nach der Urteilsverkündung Ende letzten Jahres kamen sie gegen Kaution frei. Das Berufungsverfahren ist noch anhängig. Wann die Haftstrafe vollzogen wird, ist derzeit unklar.

Bei der Eröffnung des Teheraner Filmfestivals letzte Woche verlangte der im Iran sehr bekannte Filmemacher Masoud Kimiai in seiner Eröffnungsrede die Freilassung von Panahi und Rasoulof. Das gesamte Publikum erhob sich und klatschte Beifall. Die Veranstaltung wurde im Staatsfernsehen übertragen.

Anlässlich der Proteste in Ägypten und in Tunesien haben die Oppositionsführer Hossein Mussawi und Mehdi Karrubi bei der iranischen Regierung um Erlaubnis gebeten, in Solidarität mit den Protestierenden in der arabischen Welt am 14. Februar in Teheran demonstrieren zu dürfen. Dem Gesuch wurde nicht stattgegeben. Stattdessen bot die Regierung den Oppositionsanhängern an, sie könnten am 32. Jahrestag der Revolution an den Feierlichkeiten teilnehmen, um ihre Solidarität mit den Ägyptern zum Ausdruck zu bringen.

Künstler, Kulturschaffende und Politiker protestieren heute in Deutschland gegen die Zerstörung von Existenzen, nur weil sie auf das Recht der Meinungsfreiheit und der künstlerischen Freiheit beharren. Die Schauspielerin Pegah Ferydoni sagte der taz, dass sie in den drakonischen Maßnahmen die "Furcht des Regimes vor der emotionalen Kraft der Kunst" sehe.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD) sagte der taz: "Ich protestiere gegen die Inhaftierung der beiden Regisseure und bedaure sehr, dass Jafar Panahi nicht als Jurymitglied teilnehmen kann." Claudia Roth (Die Grünen) stellt fest: "Ahmadinedschads Regierung hat im Jahre 32 der Revolution alle Legitimation verloren und setzt auf nackte Gewalt. Den Menschen, die dagegen aufbegehren, gehört unsere volle Solidarität."

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11 Kommentare

 / 
  • JS
    Johan Schreuder

    SCHEISS auf jeder Religion!!!!!!!!!!!!

  • BQ
    Banaler Quatsch

    Die Methodik des Solidarisierung, ein einzig und allein symbolisches Mittel, die völlig subtile Manipulation der Wahlen, die nur symptomatische Berichterstattung, - Macht mal Ernst.

  • TN
    tur nichts zur sache

    mir reichts:

    eure grüne ausgabe ist ja wohl der hammer.

    begrüßt den islam, heißt sie herzlich willkommen die moslembruderschaft! und morgen weint ihr wieder wie nach dem sturz des Schahs im Iran.

  • CO
    Chattering Order of St. Beryl

    Gerda Fürch:

     

    Interessant, ich wußte nicht, dass möglicherweise hinter jedem Meinungsschreiber ca. 10.000 Leute stehen, die diese Meinung teilen.

     

    Nur - was genau ist mit "Meinungsschreiber" gemeint?

    Vermutlich nicht nur "Unterschreiber".

    Denn zu mehr ruft die taz eigentlich nicht auf.

     

    Von daher wäre es vielleicht sinnvoll, etwas vorsichtiger, mit solchen "früheren Überlegungen erfahrender Statistiker" umzugehen.

     

    Mal kurz per Mail oder in einem Blog seinen Protest kundzugeben ist nicht aufwändig. Auf die Strassen gehen erfordert da doch Einiges mehr an Initiative.

     

    Deshalb finde ich schon, dass gut 1.000 Unterschriften nicht gerade eine überwältigende Resonanz sind.

     

     

    taz:

    Bis wann soll die Unterschriften-Kampage laufen?

    Und was geschieht dann?

    Es wäre wirklich besser gewesen, diese Informationen gleich mitzuliefern. Vielleicht hätte der ein oder andere dann doch unterschrieben.

  • RF
    Rosemarie Finke-Thiele

    Antwort an Welch Wunder :

     

    Direkte und indirekte Kritik - in Frageform - hilft in der politischen Auseinandersetzung nicht weiter, finde ich.

    Beziehen Sie doch selbst klar Stellung und/oder organisieren Sie eine Demonstration bzw. eine andere politische Aktion.

    Ich begrüße die Aktion der TAZ, auch die grüne Seite.

  • GF
    Gerda Fürch

    Es ist ja gut und schön, daß es deutsche Bedenkenträger und Bedenkernträgerinnen gibt, weil das nun mal zu einer Demokratie mit Für und Wider gehört.

     

    Es kommt oftmals bei einer Aktion eben nicht auf die Zahl der anfänglichen MitmacherInnen an, sondern vor allem auf überzeugende Argumente, die sich dann rumsprechen wie ein " G e r ü c h t " und eine eigene Dynamik entwickeln, wie das in den südichen Mittelmeerländern jetzt passiert ist, selbstverständlich mit Hilfe des Internets! Das Internet muß jedermann zugänglich sein und zugänglich bleiben.

     

    Wichtig ist doch, daß ein Anfang gemacht wird!

     

    Außerdem eine frühere Überlegung von erfahrenen Statistikern besagt, daß hinter jedem Meinungsschreiber mindestens 10.000 Menschen stecken, die seine Meinung teilen.

     

    Also wenn inzwischen schon über 1.800 UnterzeichnerInnen bereit sind, sich mit ihrer Meinung zu "outen", diese Aktion für gut heißen und unterstützen, dann sind das (murmel, murmel) theoretisch schon 18 Millionen Menschen, die mit der Solidarisierung einverstanden sind.

     

    Wenn 22.000 Menschen gegen den Dioxin-Skandal auf die Straße gehen, marschieren und beim Brandenburger Tor in Berlin sich einfinden, dann stehen dahinter bestimmt über 22 Millionen Menschen. Das ist eine beachtliche und unüberhörbare Menge!

     

    Bitte mich zu korrigieren, wenn heute die Statistiker andere Erkenntnisse haben sollten. Danke.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harald Wenk

    GRÜN ist die Farbe der Photsynthese, der Botanik, der Blätter, des GRaesesd udn sobestimmt ziemlcih dei Farbe der Bilder der Wahrnehmnung aus der Natur.

    Deswegen ist das AUGE des Menschen auch auf die Farbe GRÜN optimiert, d.h. man sieht anstrenungslos am schärfsten GRÜN.

    Diese "ontologische" Harmonie zwischen Struktur des Menschen und seiner "Welt" verweist uns auf das NATURRECHT, das jede Regierung daran erinnert: Ihre "Macht kommt auch von oben" (Jesus zu Pilatus).

    Das Bilderverbot des Islam, der deswegen auch GRÜN als Farbe hat, ist Ausdruck eines Intellektualismus,

    der Intellektuelle unter besonderen Schutz stellt.

     

    Und dan ist da noch der geheime Führer der Eimgweihten: der GRÜNE (Chidr).

  • GF
    G. Frank

    hallo taz,

     

    im prinzip eine sehr gute aktion. aber im sinne eines "informed consent" wäre es sehr wichtig, dass ihr hier und vor allem auch auf der unterzeichnerseite bekannt gebt, was ihr denn mit eurer petition macht. wann und an wen und in welcher form übergebt ihr sie? was macht ihr mit den namen und hinterlassenen e-mail-adressen. es kann für unterzeichnende durchaus von bedeutung sein, ob z.b. ihre e-mail-adresse genannt wird in petitionen die ggf. an regierungskreise übergeben werden. es gibt auch keinerlei datenschutzerklärung auf euerer aktionsseite, die das zu den jeweiligen aktionen erklären würde. was passiert mit meinen daten?

     

    da gibt's doch noch einiges zu verbessern. so eine seite unter https laufen zu lassen ist eigentlich auch eine sehr gute idee .-)

  • AU
    A. U. Wei

    Wirklich?

    SO wenig nur?

    Wenn man bedenkt, wie viele Menschen täglich die taz lesen und vor allem: Wie viele Besucher sich täglich auf taz.de tummeln, erscheint mir das eine unglaublich schwache Resonanz auf die taz-Kampagne.

    Wie kommt's?

  • AN
    Arno Nym

    Würde den beiden Filmemachern die Flucht nach Deutschland gelingen, dann würden wir sie bestimmt abschieben, weil ihr leben ja nicht akut gefährdet ist.

  • WW
    Welch Wunder

    Wow, ich bin begeistert. Die deutsche Linke und allen vorran die Gruenen haben es endlich geschafft sich zu positionieren. Jahrelange Willkuer und Unterdrueckung bis hin zu gezielten Hinrichtungen seitens dieses menschenverachtenden Regimes im Iran haben anscheinend nie interessiert. Letztlich war ja immer der boese Westen daran schuld. Kuerzlich waren die Gruenen noch zu Besuch im Iran. Schoen brav unterm Kopftuch und mit der Aussage man duerfe den Iran nicht auf das Regime reduzieren und man sprach ueber den internationalen Umweltschutz. Man muss sich nur mal vorstellen wie dies von der Freiheitsbewegung dort wahrgenommen wurde!? Jetzt wo der die freischaffende Kunst eingeschraenkt wird, kommt Bewegung in die Sache. Reichlich spaet, oder? Jetzt wuerde mich nur noch interessieren, wie man zu deren Atomprogramm steht? Was ist mit der deutschen Friedensbewegung. Macht man jetzt endlich mal Demos oder die so beliebten Lichterketten gegen das Regime im Iran oder fuer eine freie Zukunft in Agypten? Oder schafft ihr das nur wenn es gegen die USA oder Israel geht. Bezieht endlich mal entsprechend eurer Ideale deutlich Stellung. Das sind wir den Menschen dort schuldig.