Kommentar Mubaraks Konten: Europas Beihilfe zur Korruption

Die EU lässt Mubarak und seinem Clan zu viel Zeit, sein Vermögen zu sichern. Dabei ginge es viel schneller, wie die Schweiz zeigt, die diesmal nicht die Steueroase ist.

Milliarden hat Ägyptens Exdiktator Mubarak seinen Landsleuten gestohlen: Mitsamt seiner Familie hat er staatliche Betriebe verscherbelt, dafür Provisionen kassiert und öffentliche Aufträge an eigene Firmen vergeben. Die Selbstbereicherung des Mubarak-Clans war kein Geheimnis. Bleibt die Frage: Wie groß ist das illegale Vermögen eigentlich?

Die Schätzungen schwanken erheblich; sie liegen zwischen 5 und 50 Milliarden Euro. Genauer wird man es wohl nie wissen. Denn Mubarak wird viel Zeit gelassen, sein Vermögen in Sicherheit zu bringen. Die EU zeigt unerschöpfliche Geduld: Gelassen warten die Europäer, bis die ägyptische Übergangsregierung einen Antrag stellt, auch Mubaraks Konten einzufrieren.

Bisher kam aus Ägypten nur der Wunsch, die Konten einiger Exmitglieder des Regimes zu sperren - der Mubarak-Clan zählt ausdrücklich nicht dazu. Das ist nicht verwunderlich: Die jetzige Übergangsregierung hat sich unter Mubarak ebenfalls bereichert und dürfte momentan schwer damit beschäftigt sein, das eigene illegale Vermögen abzusichern.

Mit ihrer Verschleppungstaktik macht sich die EU mitschuldig, sie leistet Beihilfe zur Korruption. Dies gilt nicht nur für Ägypten. Auch beim tunesischen Exdiktator Ben Ali schalteten die Europäer auf Zeitverzug. Nachdem ein Antrag aus Tunesien vorlag, die illegalen Gelder zu sperren, dauerte es zwei Wochen, bis die EU-Verordnung in Kraft trat. Es wäre erstaunlich, wenn Ben Ali nicht inzwischen seine Konten plündert hätte.

So zynisch und bequem muss man nicht sein. Die Schweiz sperrte Ben Alis Konten sofort, und auch die Gelder von Mubarak sind dort seit Freitag eingefroren. Nicht die Schweiz erweist sich damit als skrupelloseste Steueroase - sondern die EU.

Viele Demonstranten in Ägypten und Tunesien haben den Eindruck, sie müssten ihre Revolution gegen den Westen durchsetzen - nicht mit ihm. Das sehen sie völlig richtig. Auch Europa ist korrupt.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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