Kommentar Chirurgische Ethik: Ein Pionier, kein Vorbild

Fritz Rehbein gilt bis heute als bedeutender Arzt. Seine Tätigkeit während des Nationalsozialismus wird auch bei der Bremer Tagung nicht hinterfragt.

Fritz Rehbein ist teil einer Technologie-Geschichte. Technologie-Geschichten sind Fortschrittsgeschichte: Sie neigen, weil Techniken immer verbessert perfektioniert und überwunden werden können, zu Kontinuität. Was solcher Geschichte fehlt, sind Brüche.

Weil Chirurgie eine Technologie am Menschen ist, wird das zum Problem: Ohne Brüche keine Reflexion. Und ohne Reflexion lässt sich kein Unrechtsbewusstsein entwickeln. Entsprechend kommen alle Impulse, die nach wie vor verbreitete Praxis frühkindlicher Genital-Operationen zu überdenken - von außen. Das ist kein Zufall, sondern branchenüblich. Und dafür ist der Fall Fritz Rehbein ein gutes Beispiel.

Dass der seinerzeit das Spektrum des Operativ-Machbaren erweitert hat, ist unbestritten. Allem Anschein nach war er auch ein umgänglicher Mensch. Für seinen Nachfolger auf dem Präsidenten-Posten der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie ist das Anlass genug in "Ehrfurcht" zu erstarren.

Ganz so verneigte sich Rehbein Ende der 1970er vor seinem Lehrer Rudolf Stich. Dass der teilnahm am Verbrechen der Euthanasie und ihn selbst zum Mittäter machte, hat er nie erwähnt.

Gerade ihr historischer Anlass hätte die anstehende Bremer Tagung zur Chance gemacht, die eigenen Traditionen zu befragen - und im Blick auf ihre Opfer die Gegenwart zu ändern. Diese Chance ist von vornherein vertan.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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