Vor einer Million Pilgern: Johannes Paul II. seliggesprochen
Joseph Ratzinger nahm selbst die Seligsprechung seines Vorgängers Johannes Paul II. vor - wegen eines angeblichen Wunders.
ROM taz | Es waren Rekordzahlen, die der Vatikan zur Seligsprechung Karol Wojtylas vermeldete: Fünf Königshäuser gaben sich am Sonntag auf dem Petersplatz die Ehre, dazu 16 Staatschefs, Regierungsdelegationen aus 87 Ländern - für Deutschland kam Innenminister Friedrich.
Vor allem aber kamen über eine Million Gläubige, aus Polen, aus Spanien, aus Lateinamerika und natürlich aus Italien. Und dann war da noch einer, der eigentlich gar nicht in die EU einreisen darf: Zimbabwes Präsident Robert Mugabe, der sich die Seligsprechung auf keinen Fall entgehen lassen wollte.
Der Petersplatz selbst war schon in der Nacht für die Gläubigen geöffnet worden; viele von ihnen hatten in Schlafsäcken auf offener Straße übernachtet. "Santo subito", "Heilig sofort" hatten die Trauernden auf dem Petersplatz in der Nacht des 2. April 2005 gerufen, als Johannes Paul II. starb, und der gleiche Slogan erklang bei seiner Beisetzung. Unter seinem Nachfolger Papst Benedikt XVI. kam die Katholische Kirche diesem Begehren entgegen: In einer Rekordzeit von sechs Jahren erfolgte die Seligsprechung.
Schon zwei Jahre nach seinem Tod vollbrachte er das entscheidende Wunder; eine französische Nonne, die im Gebet seine Hilfe erfleht hatte, genas von ihrer Parkinson-Erkrankung - der gleichen Krankheit, die Karol Wojtyla heimgesucht hatte. Eben jener Nonne oblag es während der Zeremonie, eine der beiden Ampullen mit Wojtylas Blut zum Altar zu bringen - ganz wie im Mittelalter verfügt die Kirche damit über anbetungswürdige Reliquien des neuen Heiligen.
Offiziell ist der Rekordpapst - er hatte eine der längsten Amtszeiten in der Kirchengeschichte, er machte die meisten Reisen, er traf mit Abstand die meisten Gläubigen - zwar vorerst nur selig. Die Kirche dürfte sich dem Verlangen nach Heiligsprechung kaum entziehen. Anders als "gewöhnliche" Seliggesprochene wird Johannes Paul II. schon jetzt in der ganzen Welt angebetet; sein Festtag ist der 22. Oktober - der Tag, an dem er 1978 zum Papst gewählt wurde.
Leser*innenkommentare
Hasso
Gast
Wann werden die endlich mal selig gesprochen, die wegen des Raubtier-Kapitalismus verhungern?
Seppl
Gast
Hi Ritchie! "Wenn die katholische Kirche bis zur Intervention Napoleons jährlich "nur" 80.000 Menschen weltweit ermordet hat, wie man gelegentlich zu lesen bekommt, wären das in einer knapp 1300-jährigen Schreckensherrschaft so um die 100.000.000 Leichen, die auf das heilige Konto gehen".
Gibts dazu ne genauere Quellenangabe?
Gerda
Gast
Meine Fragen sind etwas geklärt - durch "Wikipedia":
Fläche: 0,44 qkm
Einwohner: ca. 1.000
Währung: Euro
Staatsform: Absolute Wahlmonarchie
Stromversorgung: 1 Solarstromanlage
BIP: ???
Eine Frage ist allerdings auch offen:
Hat Joseph Ratzinger als katholischer Papst eine doppelte oder gar dreifache Staatszugehörigkeit? Deutsche, italienische und vatikanische?
Gerda
Gast
Die Macht und der Reichtum des klitzekleinen europäischen Staates namens "Vatikanstaat", den Joseph Ratzinger derzeitig als Papst Benedikt leitet, ist gefährlich groß!
Er hat, wie einst angekündigt, verstärkt den aus der gesamten Kirchengeschichte bekannten christlichen Missionierungsweg eingeschlagen, besonders für die katholische Kirche, auf dem ihm leider so viele Millionen Menschen und viele andere Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder folgen. Und das im 21. Jahrhundert! Das sieht nicht gut aus und ist sehr bedenklich.
Ich hoffe, daß das weltliche, interkulturelle Berlin sich nicht von ihm missionieren läßt, auch nicht politisch.
"Vatikanstaat" ist auch ein europäischer Staat, der aber kein Mitglied der Europäischen Union ist.
Wieviele Bewohner hat eigentlich der "Vatikanstaat"?
Wie hoch ist das BIP dieses Staates?
Welche Fläche hat dieser Staat?
Haben die Beschäfigten im Verwaltungsapparat dieses Staates auch einen Personalrat?
Welchen Stromanbieter hat der "Vatikanstaat"?
Mshauer
Gast
ich finde es jedes mal bezeichnend wie taz mit den gefühlen der dummen (gläubigen) umgeht. die pseudokritik an den "pseudowundern" oder die hasserfüllten kommentare (man beachte, dass die offizielle zensur der administratoren passiert werden muss) der leser lassen nur zu wünschen übrig was den journalistischen anstand betrifft.
schöne grüße
Der Ritchie
Gast
"Gläubig" als superlativ von "dumm" zu setzen, trifft meiner Meinung nach nicht den Kern. Wenn 10% von Patienten mit Placebo ohne Chemie und Nebenwirkungen geheilt werden können, finde ich das sogar einen intelligenten Weg. Die Stabilisierung der Psyche durch religiöse Überzeugung ist spätestens seit C.G.Jung kaum mehr anfechtbar. Bei den Naturvölkern ist die Religion ebenfalls ein wichtiges soziales Element. Es kommt nicht darauf an, ob die Inhalte einer Religion wahr sind, sondern ob sie wirken. Grundsätzlich wäre eigentlich gegen religiöse Überzeugung nichts einzuwenden.
Das Problem besteht wohl eher darin, dass mit religiöser Führung eine erhebliche Macht verbunden ist, deren Mißbrauch kaum ein Führer widerstehen kann. Wenn die katholische Kirche bis zur Intervention Napoleons jährlich "nur" 80.000 Menschen weltweit ermordet hat, wie man gelegentlich zu lesen bekommt, wären das in einer knapp 1300-jährigen Schreckensherrschaft so um die 100.000.000 Leichen, die auf das heilige Konto gehen. Man darf Wert auf die Feststellung legen, dass die Kirche nie freiwillig mit dem Morden aufgehört hat.
Auch die Aussagen wie z.B. die Erde sei eine Scheibe hat am Rande ein paar Menschenleben gekostet und wurde bis heute nicht offiziell widerrufen. Man spricht einfach nicht mehr drüber, dass ein Unfehlbarer gefehlt hat.
Dafür gibt es Budenzauber für die Papstleiche.
Elvenpath
Gast
Dumm, dümmer, gläubig.
Wie blöd kann man sein, dass man an solche schwachsinnigen, angeblichen Wunder glaubt?
Und dieser Götzenkult (Ampullen mit Blut zum Anbeten) ist einfach unbeschreiblich primitiv. Man hat das Gefühl, dass Religion den Menschen geistig wieder in die Steinzeit zurückversetzt.