Internationaler Währungsfonds: Hackerattacke auf den IWF

Erst der Streit um den Chefposten, jetzt ein Hackerangriff: Der Internationale Währungsfonds kommt nicht aus den Schlagzeilen. Der Fonds soll aus dem Ausland attackiert worden sein.

Logo des Internationale Währungsfonds am Hauptsitz in Washington. Bild: dpa

WASHINGTON/JERUSALEM dpa | Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist Medienberichten zufolge Opfer einer Hackerattacke geworden, die möglicherweise von einer ausländischen Regierung ausging. Bei dem Angriff sei "eine große Menge" Daten entfernt worden, berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg am Sonntag unter Berufung auf einen Kenner der Umstände. Betroffen seien E-Mails und andere Dokumente. Welche Regierung hinter dem Angriff stecken soll, wurde aber nicht erwähnt.

Unterdessen konkurriert inzwischen ein Trio um die Nachfolge von Dominique Strauss-Kahn, der nach Vergewaltigungs-Vorwürfen von der Spitze des IWF zurückgetreten war: Die französische Finanzministerin Christine Lagarde, der mexikanische Notenbankchef Agustín Carstens und seit dem Wochenende auch der Gouverneur der israelischen Zentralbank, Stanley Fischer. Als Favoritin gilt allerdings Lagarde.

Der Angriff auf das Computersystem des Fonds, in dem Berichten zufolge hochvertrauliche Daten über die Finanzsituation verschiedener Länder gespeichert sind, habe sich vor der Festnahme Strauss-Kahns am 14. Mai ereignet, berichtete Bloomberg weiter. IWF-Sprecher David Hawley hatte per E-Mail erklärt, der Weltwährungsfonds sei "voll funktionsfähig". Zu dem Vorfall sei eine Untersuchung eingeleitet.

Die New York Times zitierte Insider mit den Worten, die Computer-Attacke sei ernst. "Es war ein sehr bedeutender Eingriff", sagte demnach ein Beamter. Blomberg berichtete von einer E-Mail an die Mitarbeiter des Fonds vom 8. Juni, in der von "einigen verdächtigen Datentransfers" die Rede sei. Eine Untersuchung habe ergeben, dass ein Desktop-Computer des Fonds missbräuchlich benutzt worden sei, um in das Computersystem des IWF einzudringen. Wie es weiter hieß, sei vorsichtshalber eine Computerverbindung zum Informationsaustausch zwischen der Weltbank und dem IWF vorübergehend gekappt worden. Beide Hauptquartiere liegen sich an einer Straße in Washington gegenüber.

Der Zeitung zufolge geht man beim Währungsfonds nicht davon aus, dass der Eingriff mit dem spektakulären Hackerangriff auf das Unternehmen RSA Security vom März zusammenhängt. Die Firma liefert Sicherheitsschlüssel zum Schutz vor unbefugten Zugriffen auf Computersysteme und hat weltweit Tausende von Unternehmen als Kunden. Erst im vergangenen Monat hatten Hacker offenbar mit Hilfe der bei RSA Security gestohlenen Informationen versucht, in das Computersystem des US-Rüstungsriesen Lockheed Martin einzudringen.

Israels Zentralbankchef kandidiert

Auch andere Konzerne waren Ziele von Hacker-Angriffe geworden. So hatten Mitte April Unbekannte die Sony-Netzwerke für Konsolen- und Computerspiele sowie den Film- und Musikdienst Qriocity geknackt. Dadurch bekamen sie Zugang zu mehr als 100 Millionen Kundendatensätzen.

Der IWF ist in der weltweiten Finanzkrise zu einem der wichtigsten Krisenhelfer aufgestiegen. Gerade in der Bewältigung der Euro-Schuldenkrise spielt der Währungsfonds eine wichtige Rolle.

Israels Zentralbankchef Fischer teilte am Wochenende mit, er habe seine Kandidatur für den IWF-Chefposten eingereicht. Die Bewerbungsfrist war am Samstag abgelaufen. Fischer sprach mit Blick auf seine Kandidatur von einer "außergewöhnlichen" Gelegenheit. Ein Problem ist allerdings das Alter des israelischen Zentralbankchefs von 67 Jahren. Laut IWF-Statuten dürfen Bewerber für das Amt des Geschäftsführenden Direktors nicht älter als 65 sein. Dies bedeutet, dass der IWF vor einer Billigung der Kandidatur Fischers eine Entscheidung über eine Änderung der Statuten treffen oder aber seine Kandidatur ablehnen müsste.

Favoritin Lagarde

Als klare Favoritin auf den IWF-Chefposten gilt allerdings die Französin Lagarde. Viele meine, dass hinter den Kulissen die Würfel schon zu ihren Gunsten gefallen sind. Der Verwaltungsrat will bis zum 30. Juni über die Besetzung des Spitzenamts entschieden haben.

Die Unterstützung der Europäer für Lagardes Bewerbung gilt als sicher, auch die Länder Afrikas stehen offenbar mittlerweile geschlossen hinter der Französin. Lagarde erhielt am Wochenende auch Unterstützung von Ägypten, wie Außenminister Nabil al-Arabi in Kairo sagte.

Dagegen hielten sich bislang vor allem Indien und China zurück. Die USA als größter Anteilseigner hatten sich bis zuletzt nicht dazu geäußert, wen sie bevorzugen. Nach bisheriger Tradition wird der IWF von einem Europäer geführt, die Weltbank als Schwesterorganisation dagegen von einem US-Amerikaner. Gegen diese Regelung gibt es aber zunehmend Kritik aus den aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien und Südamerika.

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